Die Johanniskirche in Stargard in Pommern

Dietrich Otto
dietrichotto@arcor.de

Mai 2005

Johanniskirche

Die Johanniskirche war Bestandteil einer Niederlassung des Johanniterordens und ist als einziges Gebäude davon übrig geblieben. Der Johanniterorden hatte zur Zeit der Kreuzzüge (11.-13. Jahrhundert) eine große Bedeutung. Er entstand mit dem Ziel, das Heilige Land von den fremdgläubigen Moslems zu befreien.  Außerdem hatte er die Sonderaufgabe, Kranke und Verwundete zu pflegen und die Pilger zu schützen. Auch die osteuropäischen Völker waren keine Christen. Die Ritterorden haben auch bei der Ostkolonisation eine erhebliche Rolle gespielt. Die Stargarder Johanniter Anlage bestand vorwiegend aus Gebäuden, die der Krankenpflege dienten.

Der 1. Vorläufer der Johanniskirche war wahrscheinlich eine romanische Feldsteinkirche, deren Entstehung auf vor 1187 festgelegt wird. Aus dieser Kirche mit einer vermuteten Länge von 22 m, einer Breite von 11 m und einer Mauerhöhe von 11 m hat sich die heutige Kirche entwickelt. Die Grundrisse sind am besten geeignet, die einzelnen Etappen zu verfolgen. Um 1500 war dieser Ausbau beendet. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Kirche ihre größte Ausdehnung, später wurden einige Kapellen entfernt. Die Kirche besitzt ein Mittelschiff und 2 Seitenschiffe von jeweils 10,5 m Höhe. Der First des Satteldaches hat eine Höhe von 23,5 m. Die Mittelschiffgewölbe sind Stern-, die der Seitenschiffe einfache Kreuzgewölbe. Der Turm hat einen quadratischen Grundriss von 14 m Seitenlänge.

Den 30-jährigen Krieg hat die Johanniskirche nur knapp überstanden. Sie wurde sowohl 1630 bei dem Angriff der schwedischen, evangelischen Truppen auf die Stargard verteidigenden kaiserlichen, katholischen Truppen als auch 1635, als die kaiserlichen Truppen zum Gegenschlag ausholten, schwer beschädigt.

1539 wurde die Turmspitze durch einen Wirbelwind herunter geworfen. Am 3. Juli 1697 stürzte  der etwa 100 m hohe Turm in sich zusammen und beschädigte das Kirchenschiff schwer. Erst 1893 erhielt die Johanniskirche einen neuen Turm von 99 m Höhe, der ein  8 Zentner schweres Kreuz an der Spitze erhielt. 1997/1998 geriet dieses Kreuz in eine gefährliche Schieflage. Bei Reparaturarbeiten durch Kattowitzer Gebäude Alpinisten wurden geschichtliche Unterlagen aus der Kugel des Kreuzes sicher gestellt.  Diese Unterlagen - siehe nächster Abschnitt - eignen sich am besten, um die Bemühungen der Stadt Stargard über fast 200 Jahre zu schildern, der Johanniskirche einen neuen Turm zu geben.

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Das Innere der Kirche wurde gegen die Turmhalle abgesperrt und mit einer Bretterdecke versehen. Ab August 1699 konnten wieder Gottesdienste stattfinden. 1705 wurde das Gewölbe wieder hergestellt. 1709 wurde ein neuer Glockenstuhl gebaut und die Glocken wieder aufgehängt. 1714 wurden die Emporen mit reich geschmückten Brüstungen versehen. 1722 erhielt der bis dahin mit Brettern zugedeckte Turm ein Notdach. 1731 schenkte der Kaufmann Jacob Sydow der Kirche eine Orgel. In den Kriegsjahren 1806 bis 1815 diente die Kirche zeitweise als Magazin, Gefängnis und Lazarett. 1819 wurde die Kirche auf Staatskosten notdürftig wieder hergestellt. 1858 fielen vom Fachwerk des oberen Teils des Turms große Teile heraus und  auf das Kirchendach. Es gab in dem ganzen Zeitraum viele unermüdliche Förderer der Kirche. In der Endphase war es vor allem der Oberbürgermeister Pehlemann, der sich um die Johanniskirche verdient machte. 1883 übernahm er die Kosten, um das gesamte Innere der Kirche zu erneuern. Er bemühte sich intensiv um Geld für den Wiederaufbau des Turms. So wurde auch vom Kaiser ein Allerhöchstes Gnadengeschenk von 10.000 Mark bewilligt.

Die beiden Weltkriege hat die Johanniskirche ohne größere Schäden überstanden. Die exponierte Lage an der höchsten Stelle der Stadt hat u. a. dazu beigetragen, dass die Johanniskirche 1945, als  die ganze Innenstadt abbrannte, verschont blieb. Das war auch schon 1635 bei dem großen Stadtbrand während des 30-jährigen Krieges der Fall gewesen.

Abschließend noch einige Bemerkungen zu dem Taufstein in der Kirche, dazu bitte das unterstrichene Wort anklicken.

Besichtigung im Mai 2005

Die verwendete Literaturquelle von Joachim Stampa endet 1975. Ein Besuch im Mai 2005 ergibt folgendes Bild: Die Fenster haben durchweg bunte Scheiben. Es gibt 7 Kapellen. Ein Schild auf Polnisch gibt jeweils deren Bedeutung an. Auffallend sind etwa 50 Köpfe, die überwiegend an den Pfeilern in Chornähe angebracht sind. Der obere Teil des Turms ist eingerüstet.

Literaturquellen

Joachim Stampa "Stargard in Pommern und seine Gotteshäuser", 1975 Eigenverlag

Dr. Gustav Karow "Empor die Herzen", eine Urkunde aus dem Turmkopf der Johanniskirche in Stargard, veröffentlicht in "Die Pommersche Zeitung" Folge 6/05 am 12. Februar 2005

Heinz-Jürgen Torff "Die Johanniskirche" in Stargarder Jahresblatt 1996, S. 14-30

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