Pommersche Familienforschung 2015

Dr.Margret Ott

Vorwort aus der Pommerschen Zeitung Folge 1/16

Der Pommersche Greif e.V., Verein für pommersche Familien- und Ortsgeschichte vertritt die Interessen der pommerschen Familien-, Orts-, Namens-, Siegel- und Wappenforscher. Er bündelt und koordiniert Forschungsaktivitäten für die historische Region Pommern (Vor- und Hinterpommern). Interessierte finden im Pommerschen Greif  sachkundige familien- und ortsgeschichtliche Ansprechpartner für die pommerschen Kreise und Städte. Jeder kann sich mit seinen Fragen an diese wenden. Der Pommersche Greif e. V. stellt in lockerer Folge an dieser Stelle Artikel und Beiträge von Mitgliedern und Freunden zum Thema Familienforschung ein.
Die Verfasserin Dr. Margret Ott ist Beiratsmitglied im Pommerschen Greif e.V. Ansprechpartner für den Kreis Schlawe und Webmaster des Vereins.

 

Man hat den Eindruck, Familienforschung boomt.

Immer mehr Artikel und Fernsehsendungen zu diesem Thema erscheinen und natürlich ist dies auch kommerziellen Anbietern nicht entgangen und sie versuchen, sich an diesem Interesse zu beteiligen. Nach der Ausschöpfung sämtlicher Quellen in der eigenen Familie kommt in der Regel die Suche in Standesamtsregistern (in Pommern ab 1874) und Kirchenbüchern. Viele dieser Unterlagen sind in Pommern verloren gegangen, selbst bei den Kirchenbüchern, wo es Duplikate bei den Amtsgerichten gab, sind aus manchen Kreisen nur wenige erhalten. Da ist es sehr erfreulich, dass man viele dieser Dokumente inzwischen von zu Hause aus bequem am Computer einsehen kann – meistens sogar kostenlos. Wie sieht es aber konkret für Pommern aus? Leider gibt es Licht und Schatten.

Die unangenehmen Nachrichten, die vorwiegend Vorpommern betreffen, zuerst:

Landeskirchliches Archiv in Greifswald

Das Archiv der Landeskirche in Greifswald ist wegen Schimmelbefall seit dem Spätsommer 2014 geschlossen und ausgelagert, es sind keine Besuche mehr möglich, Anfragen werden aushilfsweise vom Pommerschen Kirchenkreisarchiv übernommen. Inzwischen sind dort auch Benutzerplätze eingerichtet worden, man kann aber nur bereits verfilmte Kirchenbücher einsehen. Wie es weitergeht, steht in den Sternen und eine Beteiligung bei Archion (s.u.) ist wohl leider auch nicht angedacht.

Landesarchiv Greifswald

Das Landesarchiv in Greifswald hat ebenfalls mit Schimmel zu kämpfen: Meldung aus dem November 2014: „Wegen Schimmelbefalls mussten erste Aktenbestände, aktuell Repositur 6 und 7, komplett gesperrt werden. Beide betreffen Überlieferungen aus der Schwedenzeit. Das besondere Problem […]: Diese beiden Bestände sind im Gegensatz zu vielen anderen nicht verfilmt und damit für die Forschung nicht zugänglich. […]“ Offiziell gelten 15 % der am Nexöplatz gelagerten Akten als gefährdet, was auch Mitglieder der Historischen Kommission Pommerns in einem Interview mit der Ostseezeitung am 31.12.2014 mit tiefer Sorge erfüllte. Zudem droht – vielleicht auch begründet mit der schlechten Unterbringung – sogar die Gefahr, dass nicht nur pommersche Akten entstanden nach 1945 – wie bereits geschehen – sondern auch solche die ihre Entstehung vor 1945 haben nach Schwerin verbracht werden und damit die Grundlage der Pommernforschung am Ort wegfällt.
Pommersche Kirchenbücher aus dem Greifswalder Archiv sind allerdings bei der LDS-Kirche (Mormonen) verfilmt und so kostenfrei zugänglich im Internet.

Archion

Archion ist das neue kostenpflichtige Kirchenbuchportal der evangelischen Kirche und gerade offiziell gestartet. Für Pommern sind vorerst nur Unterlagen aus Stettin und Umgebung enthalten. Es hört sich derzeit eher so an, als ob dieses Seiten – bisher ohne Beteiligung der Nordkirche – für den in Pommern suchenden (außer er sucht konkret in und um Stettin) eher unrentabel wären. Wer hingegen in Hinterpommern forscht, hat es immer einfacher. Es gibt ein zunehmendes Interesse von polnischen Ortsforschern, die sich intensiv auch mit der deutschen Geschichte ihres Ortes auseinandersetzen. Gerade in den sozialen Medien wie z.B. Facebook finden sich viele solcher Initiativen. Auch von staatlicher Seite werden die Archivmaterialien aufgrund gesetzlicher Bestimmungen immer weiter zugänglich gemacht.

Gemeinsamer Auftritt der polnischen Staatsarchive

Die polnische kostenlose Seite der Staatsarchive „Archivsammlungen im Internet“ bietet inzwischen über 14 Millionen Scans und die Seiten sind auf den Seiten des Pommerschen Greif unter Standesamt online und Kirchenbuch online verlinkt. Auf der Seite wurden zwar in letzter Zeit keine neuen Personenstandsunterlagen aus Stettin oder Köslin eingestellt, aber andere interessante Aktenbestände aus dem Archiv in Stettin, wie Teile des Aktenbestandes “Reichskammergericht Wetzlar” und große Teile des Bestandes Oberpräsidium Pommern.

Einzelne Veröffentlichungen der Archive

Das Staatsarchiv Stettin ist gerade dabei, eine große Zahl an Standesamtunterlagen frei zugänglich zu machen aus Stettin und den Kreisen Greifenberg, Greifenhagen, Naugard, Cammin und Umgebung. Ebenso hat das Staatsarchiv Köslin bereits erste Register aus den Kreisen Neustettin und Köslin sowie Akten des Magistrats in Köslin veröffentlicht.

Genealogische Vereine in Polen

Besonders erfreulich ist die Entwicklung bei den polnischen genealogischen Vereinen. Der schon lange aktive Verein für Familienforschung in Westpreußen PTG Pomorskie Towarzystwo Genealogiczne hat Bücher aus den Kreisen Stolp, Lauenburg und Bütow mit in seinem Indizierungsprojekt erfasst. Bei Basia, betrieben vom Großpolnischen Verein für Familienforschung “Gniazdo” sind jetzt auch Daten aus Roggow Kreis Regenwalde und Stettin und Umgebung erfasst. Im Posen-Projekt (Indexierung von Eheschließungen in der Provinz Posen 1800 – 1899) sind Daten aus Deutsch Krone und dem Kreis Flatow mit erfasst. Die für uns erfreulichste Entwicklung ist die Gründung der “Zachodniopomorskie Towarzystwo Genealogiczne POMERANIA” im Mai 2014 in Stettin. Nach Angaben dieses Vereins bestehen Vereinbarungen sowohl mit dem Archiv in Köslin als auch dem in Stettin dort Personenstandsunterlagen zu fotografieren und diese dann zu indexieren. Über 300 000 Fotos sind so bereits entstanden und wurden teilweise auch online gestellt, manche „Pakete“ werden aber auch nur den Personen zugänglich gemacht, die sich zur Erfassung bereit erklärt haben. (Zugriff nur für die Indexierung). Mit dieser Gruppe hat unser Verein Pommerscher Greif ein Abkommen geschlossen, um bei der Erfassung der großen Mengen an Unterlagen zu helfen. Die Bestände des Archivs in Köslin sind wohl schon komplett fotografiert, in der Zweigstelle in Stolp wird derzeit fleißig gearbeitet.


Wir freuen uns sehr über diese Initiative – umso mehr als wir schon lange nach einem Schwesterverein auf polnischer Seite gesucht haben. Wir freuen uns, denn Synergien zwischen den Leuten vor Ort nahe an den Archiven und denen, die die Schrift gut lesen können und sich mit der Namengebung auskennen, können nur von Vorteil für alle Seiten sein. Ich habe den Eindruck, dass in dem Maße, wie der Zugang zu alten Akten in Polen leichter wird, die Benutzbarkeit in Vorpommern immer schwieriger wird. Auch das Stadtarchiv Stralsund ist ja immer noch für die Benutzung geschlossen und nur per schriftlicher Anfrage zu kontaktieren. Es darf auch von uns als Laien nicht hingenommen werden, dass die Geschichte Pommerns in Vorpommern immer mehr unter die Räder und ins Abseits gerät.


Sie finden eine umfangreiche Liste mit allen im Text erwähnten Internetadressen auf
http://pommerscher-greif.de/ff2015.pdf
Für alle pommerschen Kreise gibt es in unserem Verein Ansprechpartner, die ihnen gerne weiterhelfen.

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