Besuch im Mampemuseum in Berlin am 4.2.2013

Piotzr Nycz
pnw1965@gmail.com

Als 1831 Carl Mampe seine „Bitteren Tropfen“ zusammenmischte, konnte er nicht ahnen, dass er gerade einen Grundstein für eine erfolgreiche Firma gelegt hatte, die sogar zwei Weltkriege überstehen würde. Aus Not geboren (Cholera-Epidemie) erfreuten sich  Mampe-Liköre deutschlandweit großer Beliebtheit und wurden mit der Zeit zum Wahrzeichen der Stadt an der Ihna (mehr dazu unter: http://www.heimatkreis-stargard.de/Betriebe/Mampe.htm ).

Mampe Auswahl

Berliner Mampe mit Markenzeichen Elefant

Da Pommern ein Agrarland war und außer Stettin über keinen nennenswerten Industriestandort mit Produktionsbetrieben verfügte, sind fast alle seiner Zeit sehr bekannten Produktennamen und weltweit hochgeschätzten Hersteller in Vergessenheit geraten. Nur die Kenner wissen noch, dass die Nähmaschinen von Stöwer aus Stettin eine ernst zu nehmende Konkurrenz für Singer darstellten.

Mampe Etikett

Mampe Stargard

Wem fällt es noch ein, wenn er in seinen Wagen einsteigt, dass das erste serienmäßig gebaute Auto mit Vorderantrieb Anfang der 30er Jahre in den Stöwer-Werken in Stettin entwickelt und produziert wurde? Der II. Weltkrieg und dessen territorialen Folgen bereiteten vielen namhaften Unternehmen aus Hinterpommern ein jähes Ende und Neugründungen in Nachkriegsdeutschland scheiterten meistens. Anders verhielt es sich allerdings mit mittelständischen Betrieben in der Lebensmittelbranche, wo das Wissen und alte Rezepturen wichtiger als das Kapital und die maschinelle Ausstattung waren. Zu solchen zählten beispielsweise die bis heute produzierende Wurst-Fabrik „Rügenwalder Mühle“  und die Mampe-Fabrik aus Stargard.
Soweit zur Einleitung.

Mampe Berlin

Im Mampemuseum in Berlin

Als ich erfuhr, dass es in Berlin ein Mampe-Museum  gibt, traf ich sofort die Entscheidung, es bei nächster Gelegenheit  zu besuchen. Auf gut ausgebauten Straßen und Autobahnen erreicht man von Stargard aus jede Adresse in Berlin in kaum drei Stunden, und am 04.02.2013 war es so weit: Nachdem ich mit Frau Karin Erb, der Leiterin und der Betreuerin der wertvollen Sammlung per Mail ( kontakt@mampemuseum.de) einen Termin verabredet hatte, wurde ich am verregneten Vormittag an der Schwelle der Galerie Kultpur in der Muskauer Straße 47 von ihr persönlich begrüßt. Wie es mir erklärt wurde, stellte die Galerie der Mampe-Sammlung eine Ausstellungsfläche zur Verfügung, weil die anfänglich hobbymäßig zusammengetragene Sammlung immer größer wurde und in einer Privatwohnung nicht mehr sachgemäß gezeigt werden konnte. Und das stimmt, denn die Sammlung ist wirklich imposant: Flaschen, Werbung, Fotomaterial bringen die Geschichte der Firma Mampe jedem Besucher näher. Auch für mich war es eine Überraschung  entdecken zu können, dass Mampe etwas mehr als nur ein geistiges Getränk war: Es gab, zumindest in Berlin, eine echte „Mampe-Kultur“ mit „Mampe-Stuben“, „Mampe-Tischen“ (einer davon ist in der Ausstellung zu sehen) und sogar „Mampe-Pralinen“ (eigentlich nur die Likör-Füllung war von Mampe, aber immerhin). Frau Erb erwies sich als große Kennerin von der Geschichte der Firma Mampe und führte mich durch die Ausstellung. Ich war wirklich tief beeindruckt von ihrem Engagement und dem festen Willen, den Namen Mampe für die kommenden Generationen zu bewahren. Die Eintragung in das Gästebuch (wie ich gesehen habe, gab es dort schon Gäste aus Polen) und das Anstoßen mit einem Gläschen Mampe-Likör bildeten einen angemessenen Abschluss des über einstündigen Besuches.

Mampemuseum

Die Leiterin des Mampemuseums (Mitte) mit Besuchern

Wenn jemand Interesse an der Mampe-Geschichte hat, dem ist ein Besuch der Ausstellung in der Muskauer Straße in Berlin Kreuzberg nur zu empfehlen. Ich bin Frau Erb sehr dankbar, dass sie sich an einem normalen Werktag Zeit für einen Besucher aus Stargard genommen und meine Fragen kenntnisreich beantwortet hat.

Mampe Likör

Mampe mit Markenzeichen Mühlentor

Im Nachhinein fielen mir aber noch zwei Sachen auf:
Die Sammlung konzentrierte sich vor allem auf den Berliner Zweig des Unternehmens Mampe unter der Betonung der Entwicklung in der Nachkriegszeit, was auch verständlich ist. Was meiner Meinung nach fehlte, waren Erinnerungsstücke aus Stargard aus der Zeit von vor 1945. Vielleicht haben Sie, lieber Leser, eine alte Flasche von Mampe im Keller, die Sie gerne schenken möchten? Oder eine Werbung? Oder Fotos? Es wäre bestimmt eine große Bereicherung der Sammlung, wenn Sie mit einer solchen Sachspende helfen würden, die Geschichte der Firma Mampe in Stargard vor 1945 zu veranschaulichen. Dies würde sicher nicht nur Frau Erb sondern auch alle künftige Besucher freuen.
Und noch eine Frage der Museumsleiterin bewegt mich: Was wissen  polnische Stargarder von der deutschen Firma Mampe? Ist sie im kollektiven Bewusstsein der jetzigen Bewohner überhaupt präsent und was kann man tun, um sie auch im polnisch gewordenen Stargard bekannt zu machen? Aber das wäre wohl schon ein Thema für einen anderen Bericht.

Neueröffnung des Mampemuseums im Mai 2014

 

Dort wo alles begann: in Stargard

Wir schreiben das Jahr 1831. In Deutschland grassiert die Cholera. Der praktische Arzt
und Königlich Preußische Geheime Sanitätsrat Dr. med. Carl Mampe braut aus Alkohol
und heilsamen Kräutern im pommerschen Stargard (heute Stargard Szczecinski) die"Bitteren
Tropfen"
zusammen. Diese werden bald als Cholera Mittel in allen Apotheken geführt.

Er vermacht noch zu Lebzeiten das Originalrezept für "Bittere Tropfen" seinen zwei
Stiefbrüdern Ferdinand Johann und Carl Mampe,die sich prompt zerstreiten.
Dieser Streit sollte über 120 Gerichtsverhandlungen nach sich ziehen und erst 1965 offiziell
beigelegt werden.

Ferdinand Johann Mampe errichtet 1835 in Stargard/Pommern eine Likörfabrik mit dem
Wahrzeichen des berühmten Mühlentors in Stargard. In Köslin eröffnet sein Bruder Carl
Mampe 1852 eine Produktionsstätte, die 1878 nach Berlin umzieht und dort den
Beginn der Berliner Mampe-Ära markiert.

Die Stargarder Likörfabrik wurde an Benno Neumann übergeben, dem Urenkel von F. J.
Mampe. Im Januar 1945 muss er vor den Russen flüchten. In den 50er Jahren eröffnet
Benno Neumann in Hamburg eine Produktionsstätte, die bis Mitte der 60er Jahre in der
Eiffestraße produziert. Die Streitereien und über 120 Gerichtsverhandlungen mit
Mampe Berlin gingen bis dahin derart vehement weiter, dass sogar ein Spiegelartikel von
1954 sich ausführlich damit beschäftigt.

2012 kam das Mampemuseum in Kontakt mit einem der letzten Nachfahren und
Zeitzeugen mit dem Ur-Urenkel von Ferdinand Johann Mampe: Heiner Neumann. Er
stattete dem Mampemuseum am 24.05.2013 einen Besuch ab und konnte dort
Insiderwissen aus dem Unternehmen zu Stargarder und zu Hamburger Zeiten berichten.

Obwohl die Streitereien zwischen Mampe Stargard bzw. Hamburg und Mampe Berlin seit
Jahrzehnten beigelegt worden waren, musste Herr Neumann erst etwas überredet
werden, die Berliner Mampe zu trinken - aber letztendlich versicherte er, dass sie ihm
hervorragend schmeckte. Es stellte dem Mampemuseum noch zahlreiche Fotos und
Erinnerungen zur Verfügung. Leider ist er am 27.09. 2013 verstorben. Wir werden ihn
in sehr guter Erinnerung behalten.

Auch mit dem Heimatkreis Stargard nahm das Mampemuseum Verbindung auf.
Nachdem der stellvertretende Vorsitzende der Ortsgruppe Stargard Piotr Nycz am
04.02.2013 das Berliner Mampemuseum besuchte, lud er zum Gegenbesuch im Juni
2013 ein.

Wir wurden von Herrn Nycz und Herrn Grünbauer zu den zahlreichen
Sehenswürdigkeiten der Stadt geführt - die Highlights waren natürlich die legendären
Orte, an denen alles rund um Mampe begann. Hier ein Auszug aus Herrn Nycz Bericht.

Zunächst schauten wir uns, leider nur von außen, da das Gelände abgesperrt und
bewacht war, die Mampefabrik in der Mampestraße an (...). Den Höhepunkt bildete
dann ein Gruppenfoto vor dem wichtigsten Wahrzeichen Stargards, dem Mühlentor, das
auch auf dem alten Flaschenetikett abgebildet war. An einer solch historisch trächtigen
Stelle konnten wir es natürlich nicht lassen und brachten einen Toast mit dem echten
Mampelikör auf, den Frau Erb eigens aus Berlin mitbrachte. Fur alle Teilnehmer war das
sicher ein unvergesslicher Augenblick!

Danach begaben wir uns zur hochherrschaftlichen Villa Neumann, die sich gerade in der
Endphase eines Umbaus zur Kindertagesstätte befindet. Zum Schluss machten wir noch
einen Abstecher zur Mampe-(Arbeiter-) siedlung, die in der Form und der Größe fast
unverändert erhalten blieb. Manche Häuser haben inzwischen neue Fassaden
bekommen, aber man kann immer noch erkennen, dass es sich um eine als Einheit
entworfene und gebaute Siedlung handelt.

Wir wollen hoffen, dass der Besuch in Stargard die Erwartungen der Leiterin des
Mampemuseums erfüllt hat und sie nun über den Ursprung der namhaften Firma aus
Stargard bestens informiert ist. Was nur von den Bildern her bekannt war, nahm bei dem
"Lokaltermin" endlich Gestalt an.

Tafel aus dem Mampemuseum

Mampe Museum Eingang

Eingang zum Mampe Museum

Neueröffnung des Mampe Museums

Neueröffnung des Mampe Museums

antike Flaschen

Ur-Mampe

Werbepostkarte

Mampe Berlin Schrank

Mampestube Schriftsteller Roth

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