Stalag II D Stargard
Dietrich Otto
Heimatkreisbearbeiter Stargard
Als Einleitung dient ein Ausschnitt aus einem Wikipedia Artikel (https://de.wikipedia.org/wiki/Stammlager).
Stammlager und Zwangsarbeit
Modell eines Stalag
Die Stammlager dienten als Durchgangsstationen für Kriegsgefangene in den Arbeitseinsatz in der Kriegswirtschaft, in Außenkommandos, Zechen und industriellen Betrieben aller Art. Sowjetische Gefangene und ebenso Kriegsgefangene der westlichen Alliierten wurden von hier aus weiterverteilt. Waren diese Kriegsgefangenen in den Betrieben infolge schlechter Behandlung, Überarbeitung und Hunger arbeitsunfähig geworden, wurden sie wieder in das Stammlager, meist in den dortigen San(itäts)bereich, zurückgeschickt. Viele von ihnen, besonders die sowjetischen Kriegsgefangenen, starben daraufhin. Die, die zur Arbeit zurückkehrten, waren oft sehr geschwächt. Da ein erheblicher Arbeitskräftemangel bestand, gingen einzelne Betriebe dazu über, die Kriegsgefangenen ausreichend zu ernähren und so zu behandeln, dass ihre Arbeitskraft erhalten blieb und weiter ausgebeutet werden konnte.
Die Bezeichnung Stalag II D Stargard bedeutet: Die römische Ziffer II weist auf den Wehrkreis II hin. Zum Wehrkreis II gehörten Pommern und Mecklenburg. Der Buchstabe D ist eine durchgehende Nummerierung innerhalb des Wehrkreises. Im Deutschen Reich und in den von Deutschland besetzten Gebieten wurden 222 Stalags eingerichtet. Die Belegungsstärke konnte zwischen 7000 und über 70.000 Kriegsgefangenen variieren. Am 1. Januar 1944 wurden über 2.200.000 Kriegsgefangene in den Stammlagern festgehalten.
Die Anregung zu diesem Artikel erhielt ich von Dmitri Davidov. Er ist auf der Suche nach dem Grab seines Großvaters Iwan Dawidow, der 1942 als russischer Kriegsgefangener in dem Lager Stalag II D gestorben ist. Das Gefangenenlager Stalag II D (Stammlager) befand sich während des 2. Weltkrieges in der Nähe des Exerzierplatzes (Scharnhorststraße - ul. Zolnierza aleja) . Das Lager wurde im September 1939 errichtet, um polnische Kriegsgefangene während des deutschen Überfalls im September 1939 aufzunehmen. In den ersten Monaten während des sehr kalten Winters lebten die Gefangenen ohne Unterkunft oder in Hütten auf dem Gelände. In dieser Zeit bauten sie Baracken und Ziegelgebäude für ihre spätere Unterkunft.
Die vollständige Personalkarte können sie unter Personalkarte betrachten.
Im Mai und Juni 1940 kamen französische und belgische Soldaten in das Lager. Es folgten russische Gefangene von der Operation Barbarossa im Sommer 1941. Im September 1943 kamen italienische Gefangene nach der Kapitulation Italiens in das Lager. Kanadische Gefangene wurden im Januar 1944 von dem Stalag VIII B überführt. Am 25. Februar 1945 wurden die meisten Gefangenen gezwungen unter schwierigsten Bedingungen westwärts zu marschieren und wurden im April 1945 von den Alliierten befreit.
Die Gefangenen mit niedrigen Dienstgraden mussten in der Landwirtschaft arbeiten und hatten dadurch eine bessere Ernährung. So hat Iwan Dawidow auf dem Gut Plantikow im Kreis Naugard gearbeitet. Es war relativ leicht von einem Bauernhof aus zu fliehen, aber sehr schwierig, einer erneuten Gefangenennahme zu entgehen. Sie mussten hunderte Kilometer überwinden, um z. B. quer durch Deutschland nach Frankreich zu gelangen.
Gabriel Regnier, ein französischer Kriegsgefangener, beschreibt seinen fehlgeschlagenen Fluchtversuch vom 23. März 1942 zusammen mit einem anderen französischen Kriegsgefangenen. Polnische Arbeiter halfen ihnen, sich zivile Kleidung zu besorgen. In einer dunklen Nacht konnten sie in der Nähe des Bauernhofs auf einen Güterzug gelangen und sich dort verstecken. Der Zug endete in Stettin. Sie gelangten auf einen anderen Güterzug, der mit Getreide beladen war. 4 Tage später erreichten sie mit diesem Zug Aachen. Sie suchten einen Güterzug in Richtung Niederlande. Unglücklicherweise bemerkte sie ein Autofahrer dabei und alarmierte die Militärpolizei. Sie wurden nach Stargard zurückgebracht und erhielten 24 Tage Einzelhaft. Es hätte schlimmer ausgehen können.
Kriegsgräberfriedhof in Stargard
Sehr viele Gefangene aus dem Lager haben nicht überlebt. In Stargard gibt es einen Kriegsgräberfriedhof in der Verlängerung der Bergstraße im Torfmoorweg (ul. Wladyslawa Reymonta), der sich in einem gut gepflegten Zustand befindet. Der Friedhof wurde bereits im 1. Weltkrieg angelegt. Dort sind viele Soldaten getrennt nach Nationalitäten bestattet, es gibt 7 Denkmäler und eine ewige Flamme. 3 Denkmäler stammen aus dem 1. Weltkrieg, eins aus dem 2. Weltkrieg und 3 aus der Nachkriegszeit. Unter den zuletzt genannten befindet sich das Denkmal, das vom Gerichtsplatz ( Plac Wolnosci ) hierher verlegt wurde und früher ein Teil des Sowjetischen Ehrenmals war. An dem französischen Denkmal sind die Namen der Verstorbenen angebracht, ebenso an einem italienischen Denkmal, auch viel Serben haben einen eigenen Grabstein. Für die polnischen und russischen Gefangenen ist das nicht der Fall. Längliche begrünte Hügel deuten darauf hin, dass sich hier Massengräber befinden. Im März 1945 sind hier viele Russen während des Vormarsches der Roten Armee begraben worden, sie haben alle eine Grabplatte mit Namen. Es wird auch vermutet, dass sich im Ortsteil Lindenhof ( Lipnik ) unweit des Lagers Massengräber befinden. Ein Stargarder teilte mir mit, dass sein Schwager, schwer kriegsverwundet und untauglich für den Fronteinsatz, als Gefangenenwärter dort arbeiten musste. Er hat unter großer Gefahr für sich Kartoffeln und Milch in das Lager eingeschmuggelt.
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