Zur Geschichte der Post in Stargard (Pom.)
Ein Beitrag zur Entwicklung des Postwesens in Hinterpommern
Verfasser: Heinz Neumann, Ltd. Regierungsdirektor i.R.
Aus dem Stargarder Jahresblatt 1999
Die brandenburgische Post in Stargard (17.Jahrh.)
Die preußische Post in Stargard (18.Jahrh.)
Die preußische Post in Stargard (19. Jahrh.)
Die Deutsche Reichspost in Stargard (19./20.Jahrh.)
Kurzbiografie Heinz Neumann, Münster
09.11.1924 | geb. in Zimmermannshorst, Kreis Naugard/P |
1931 | Siedlungs-Volksschule Stargard/P |
ab 1934 | Schivelbein |
1935 | Rudolf-Virchow-Realgymnasium Schivelbein |
ab 1937 | Oberschule für Jungen in Stargard/P |
23.5. 1952 | Heirat, 2 Töchter |
20.12.1954 | Eintritt in den Postdienst als Postassessor bei der Oberpostdirektion Düsseldorf |
1.1.1977 | Ernennung zum Leitenden Postdirektor |
1.12.1989 | Verabschiedung in den gesetzlichen Ruhestand. Seither postgeschichtliche Aktivitäten in Münster |
Das Gesamtwerk des Stargarders Heinz Neumann „Die Geschichte der Post in Stargard i.Pom." umfasst 133 DIN-A4 Seiten. Hier für das Jahresblatt einen Auszug vom Verfasser Heinz Neumann, Eichelhäherweg 4a, 48155 Münster. (Die Redaktion).
Teil 1 Zur Geschichte der Post in Stargard/P
Ein Beitrag zur Entwicklung des Postwesens in Hinterpommern
Im 1. Teil wird über die Einführung der brandenburgischen staatlichen Post in dem seit 1648 zum Kurfürstentum Brandenburg gehörenden Hinter-Pommern berichtet. Zunächst wurde die Kurfürstliche Regierung für Brandenburgisch Pommern in Kolberg eingerichtet. Auch die Städte Köslin und Stargard hatten sich darum beworben. Stargard wurde dann 1678 Regierungsstadt. Anfang April 1654 war es in Stargard und im damals schwedischen Stettin auf Grund eines kurfürstlichen Auftrags vom 29. März 1654 zu Verhandlungen zwischen dem schwedischen Regierungspräsidenten Lilienström und dem brandenburg-hinterpommerschen Kanzler Friedrich Runge (in Anwesenheit des kurbrandenburgischen Postdirektors und Leiters des gesamten brandenburgischen Postwesens Michael Matthias sowie des Postmeisters Joachim Gräff gekommen. Die Schweden signalisierten Zustimmung und Matthias und Gräff konnten sogleich beginnen, den hinterpommerschen Postkurs über Stargard - Stolp nach Danzig zu realisieren.
Die erste Poststation des neuen Kurses entstand in Stargard. Michael Matthias und Joachim Gräff richteten sie noch im Frühjahr 1654 ein und übergaben sie dem Stadtkämmereibeamten Joachim Wegener. Hier ließen sie auch 10 neue Postkaleschen herstellen, die auf die neu einzurichtenden Postämter verteilt wurden. Inerhalb weniger Wochen konnten die Postmeister Johann Radeloff in Naugard, Melchior in Körlin, Christian Holtz in Köslin, Johannes Salomon in Schlawe und Johann Conrad Jäger in Stolp verpflichtet werden, die gleichzeitig die Posthaltereigeschäfte, also das Fuhrwesen, versahen. Der 1675 zwischen Brandenburg und Schweden ausgebrochene Krieg führte 1676 und 1677 zur Belagerung des schwedischen Stettin und zur Behinderung der pommerschen Postverbindungen. Als am 6. Januar 1678 brandenburgische Truppen in Stettin einzogen, musste der von der schwedischen Regierung bestallte Postmeister weichen und an seine Stelle trat der brandenburgische Regierungspostmeister Joachim Gräff. Der Friede von Saint Germain (1679) fiel jedoch ungünstig für Brandenburg aus. Stettin musste aufgegeben werden und Joachim Gräff abreisen. Der schwedische Postmeister Ernst Weyher in Stettin und Joachim Gräff in Stargard konnten aber im Laufe der Zeit die Fahrten des brandenburgischen Postwagens von Stargard nach Stettin von einmal auf zweimal wöchentlich vermehren. Der letzte schwedische Postmeister in Stettin wurde übrigens erst Ende 1715, als die letzten schwedischen Truppen Pommern verließen, abgelöst und durch einen preußischen ersetzt, was aber ohne Auswirkung auf die Post in Stargard blieb.
Der erste Postmeister in Stargard war nicht, wie Stephan in seiner Geschichte der preußischen Post 1859 irrtümlich verbreitet hat, Joachim Gräff, der immer bei der Regierung tätig war und mit dieser erst 1678 für dauernd nach Stargard kam, sondern Joachim Wegener, der von 1654 bis 1678 im Amt war, als Gräff die Post in Stargard persönlich übernahm. Während über Joachim Wegener relativ wenig bekannt ist, gibt es über Joachim Gräff zahlreiche Informationen, aus denen auch seine Wertschätzung durch den Großen Kurfürsten hervorgeht. Nach seinem Tod am 29.November 1692 wurde der kurfürstliche Sekretär und Postmeister Georg Madeweiß dritter brandenburg-preußischer Postmeister in Stargard (von 1692 bis 1710).
Das erste Postgebäude in Stargard befand sich in der Poststraße Nr.3 (frühere Bezeichnung: Kurze Marktstraße, Haus Nr. 682). Joachim Gräff hatte es erworben, um darin die Passagierstube und das Postkontor zu unterhalten. Auch Postmeister Madeweiß betrieb in diesem Haus die Post und zahlte den "Gräffenschen Erben" bis 1697 die ihnen zustehende Hausmiete. Als diese dann das Haus an eine Amtmannswitwe in Stepenitz verkaufen wollten, intervenierte Postmeister Madeweiß beim Kurfürsten und erreichte, dass die Hinterpommersche Regierung das Grundstück "im allgemeinen Öffentlichen Interesse zum öffentlichen Nutzen" ankaufte und Madeweiß für 1000 Reichstaler freies Eigentum und volle Verfügungsmacht an den zum Haus gehörenden Äckern, Garten usw. erhielt. Hier blieb die Stargarder Post dann bis zum Herbst 1876.
2. Teil (18.Jahrhundert)
Der 2. Teil beginnt mit der nach 1715 durchgeführten Verlegung der Königlich Pommerschen und Kamminschen Regierung sowie der pommerschen Provinzialbehörden von Stargard nach Stettin, die dann im Friedensschluss von Stockholm am 21.Januar 1720 besiegelt wurde. Der erste (südliche) Postkurs von Berlin nach Königsberg über Küstrin und Reetz entlang der pommerschen Grenze war 1694 erweitert worden und ging seitdem durch Pommern von Berlin über Schwedt(Oder), Bahn, Pyritz, Stargard, Naugard, Köslin, Stolp und Danzig. Die Strecke über Küstrin, Landsberg, Friedeberg und Driesen war über einen Abzweig von Küstrin über Soldin und Pyritz in Stargard mit dem neuen Hauptpostkurs durch Hinterpommern verbunden. Nach der ersten Teilung Polens (1772) wurde von Stargard aus noch ein zweiter Kurs über Dramburg, Neustettin, Konitz nach Marienwerder eingerichtet, wo er auf den alten Hauptpostkurs traf.
Die in diesem Jahrhundert aufkommenden und bald weitverbreiteten Reiseführer und Landkarten beschreiben auch die Stadt Stargard und die dort ankommenden und abgehenden Posten. Vor allem wird die "Ausführliche Beschreibung des gegenwärtigen Zustandes des Königl.Preußischen Herzogthums Vor-und Hinterpommern" von Ludwig Wilhelm Brüggemann, gedruckt 1779 und 1784 in Stettin, mit ihren präzisen Orts- und Landstraßenbeschreibungen nebst Entfernungsangaben in Meilen sowie das Stargarder Postein- und -abgangs-Verzeichnis ausgewertet. Die Aufzählung der Postmeister in der Nachfolge von Georg Madeweiß (+ 1710) wird lückenlos und z.T. mit zahlreichen Einzelheiten fortgesetzt. Die im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz in Berlin-Dahlem erhaltenen Postamts-Gebäude-Akten von Stargard (3 Bände für die Zeit von 1697 bis 1836) erlauben einen anschaulichen Einblick in die Probleme, die alle Postmeister mit dem immer wieder reparaturanfälligen Posthaus-Altbau bekamen.
3. Teil (19.Jahrhundert)
Die im 3. Teil beschriebene preußische Post in Stargard war in den ersten anderthalb Jahrzehnten bis zum Ende der napoleonischen Feldzüge von 1806 und 1812 ebenso wie Stadt und Land weitgehend fremdbestimmt. Zwar hat das nach dem Zusammenbruch der napoleonischen Armee in Rußland nun in Preußen eingesetzte "Militär-Gouvernement der Länder zwischen der 0der und der Weichsel" (Sitz 1813-1814 in Stargard) sich auch mit postalischen Problemen befasst, doch brauchte der Wiederaufbau nach den Jahren des Niedergangs unter französischer Post-Regie seine Zeit. Die Stadt Stargard spielte dabei in mehrfacher Hinsicht - nicht zuletzt auf Grund ihrer geographischen Lage und ihrer Infrastruktur landesweit eine hervorragende Rolle, was sich auch in der Zahl der dem Postamt Stargard unterstellten 13 nachgeordneten Postanstalten widerspiegelt (1817). Der von 18131836 in Stargard amtierende Oberst und Postmeister von Beyer wurde übrigens am 1. Februar 1835 zum ersten Ehrenbürger der Stadt ernannt.
Das heraufziehende Eisenbahnzeitalter brachte 1843 die Inbetriebnahme der Eisenbahnlinie Berlin-Stettin, die sogleich von Stettin nach Stargard weitergebaut wurde. Nachdem 1844/45 der Personenbahnhof in Stargard errichtet worden war, konnte die Eisenbahn von Stettin nach Stargard am 1 .Mai 1846 in Betrieb genommen werden. Gleichzeitig wurde auf dem Bahnhof eine Postexpedition mit (Post-)Telegrafenbetrieb eröffnet.
Die postbetriebliche und organisatorische wie auch die personelle Entwicklung der Stargarder Post ist an Hand der postamtlichen Mitteilungen und Amtsblätter von 1838 bis 1945 dokumentarisch festgehalten und textlich übersichtlich dargestellt. Diese Sammlung und Zusammenfassung von Daten, Fakten und Personennamen mit Angabe der amtlichen Fundstelle für einen geschlossenen Postamtsbereich einschließlich aller unterstellten Dienst- und Amtsstellen sowie aller vorhandenen Laufbahnbeamten dürfte bisher vermutlich einmalig sein.
Kurzweilig liest sich auch die Fortsetzung der Posthaus-Reparaturen von 1802 bis 1876, als Post und Telegrafie an die Ecke Breitestraße/Holzmarkt-straße umziehen konnten.
Die Einrichtung von Oberpostdirektionen in Preußen zum 1.Januar 1850 und die damit einhergehende Neuklassifikation der preußischen Postanstalten vom Juli 1850 brachte für den OPD-Bezirk Stettin folgende Einstufungen:
Postämter I.Klasse: Anklam, Demmin, Stargard, Stettin,
Postexpeditionen I.Klasse: Gollnow, Naugard, Pasewalk, Swinemünde, Treptow a.d.R.,
Postexpeditionen II.Klasse: alle übrigen "Post-Comtoirs".
Die OPD Stralsund war nur bis 1868 selbständig und kam dann zu Stettin, die OPD Köslin wurde 1943 aufgehoben. Diese Neuorganisation einer Mittelinstanz für das allgemeine Postwesen und die Einrichtung einer Telegrafenstation in Stargard (1846 auf dem Hauptbahnhof und dazu 1856 in der Poststraße 3) runden den 3. Abschnitt ab.
4. Teil der Stargarder Postgeschichte
Der 4. Teil umfasst die Zeit der Kaiserlichen und der Republikanischen Reichspost von 1871 bis 1945. In dieser Zeit entwickelte sich das Postwesen infolge des technichen und wirtschaftlichen Fortschritts im ganzen Deutschen Reich in bis dahin nicht gekanntem Tempo, und zwar sowohl intern als auch weltweit. Aus den amtlichen Unterlagen, Akten und Statistiken, aus dem Schrifttum und aus dem einzigartigen Zeitungsbericht von Postinspektor Richard Falck mit dem Titel "Das Stargarder Postwesen - Geschichtlicher Rückblick zum 1. Stargarder Verkehrstag", der 1929 auf 3 1/2 Seiten der Stargarder Zeitung abgedruckt worden ist, ergibt sich eine Fülle an Material, die ihresgleichen sucht und dabei beweist, wie die Reichspost in Stargard gegliedert war und wie sie sowohl im Kaiserreich als auch danach in guten und schlechten Zeiten gearbeitet hat.
Das hier vorgestellte Manuskript enthält auf 8 Schreibmaschinenseiten 72 Anmerkungen unterschiedlichen Umfangs, 17 Anhänge (33 Seiten) und ein 4 Seiten starkes Quellen- und Schrifttums-Verzeichnis.
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