Aus der Stargarder Postgeschichte
Ein Beitrag zur Entwicklung des Postwesens in Hinterpommern
Verfasser: Heinz Neumann, Ltd. Regierungsdirektor i.R.
Wie unsere Übersicht zur Geschichte der Post in Stargard im Stargarder Jahresblatt 1999, S. 35, schon vermuten lässt, hat die staatliche Post von 1554 an auch in dieser Stadt ihre Spuren hinterlassen, von denen viele seit 1945 unwiederbringlich verlorengegangen sind. Zwar ist dies auch in Mittel- und Westdeutschland durch Kriegs- und Nachkriegsereignisse in vielen Städten und Dörfern geschehen, doch hat man hier im Gegensatz zu den abgetrennten deutschen Ostgebieten bereits bald nach dem Kriegsende mit der Wiederherstellung der Postdienstgebäude sowie deren Inbetriebnahme begonnen und die Grundlagen geschaffen, die unterbrochene Postversorgung baldmöglichst wieder Gang zu setzen. Ausstattungsgegenstände, Betriebsmittel usw. konnten ersetzt werden, verlorene oder vernichtete Unterlagen fanden sich z. T. wieder oder konnten auf Orts-, Ämter- oder Postdirektionsebene wiederbeschafft, z. T. auch aus dem Gedächtnis der Bediensteten oder aus sonstigen intakt gebliebenen Unterlagen ergänzt oder wiederhergestellt werden.
Das alles war in Hinterpommern nach 1945 nicht mehr möglich. Was vor dem Ende des Postamts 1 in Stargard am 4. März 1945 an Unterlagen, wie Postsendungen, Akten, Papiere, Dokumente, Bilder usw. nicht in Sicherheit gebracht worden war, muss als verloren oder vernichtet angesehen werden. Falls es durch Einzelpersonen, z.B. Postangehörige oder Soldaten gerettet und mitgenommen ist, existiert es vielleicht auch heute noch, wie Gegenstände und Belege seit jeher in Sammler Händen erhalten geblieben sind.
Die Erforschung - oder auch nur die Sammlung postgeschichtlicher Daten, Ereignisse usw. war infolge des jahrzehntelangen sogen. Kalten Krieges sowohl im deutschen als auch auf polnischem Herrschaftsbereich unerwünscht und demgemäß ziemlich unergiebig. Deshalb blieb für jemanden, der sich noch immer für die Gebiete östlich der Oder und Neisse interessierte (obwohl es immer weniger Interessenten dafür gab), letztenendes nur das zu entdecken und aufzuarbeiten, was bis 1945 dokumentiert und überliefert war.
Die hier in lockerer Folge behandelten Themen sollen zum einen zeigen, was postspezifisch von Stargards Postwesen nachweisbar ist, zum anderen aber darüber hinaus die Bedeutung der Stadt als postalisch wichtigen Knotenpunkt über die Jahrhunderte hinweg unterstreichen.
1. Stargard auf frühen Land- und Postroutenkarten
Ohne auf die interessante Entwicklung der Kartographie aus Platzgründen hier eingehen zu können, ist festzuhalten, dass sich die Kartographen angesichts der Verbreitung des Postwesens im allgemeinen und der Mitte des 17. Jahrhunderts aufgenommenen Personenbeförderung schnell darauf einstellten und besondere Karten von den Postrouten schufen, die Deutschland, Frankreich und England zu durchziehen begannen. Über Jahrhunderte war die Postroutenkarte eines der wichtigsten Reisehilfsmittel. Sie zeigte den Verlauf der von der Post betriebenen Fahrkurse, gab die Entfernungen sowie die Lage der Poststationen an und enthielt darüber hinaus noch manche andere nützliche Information.
In keinem anderen Land wurden so viele Postroutenkarten hergestellt wie in Deutschland. Oft waren als Autoren Postbeamte tätig, wie z.B. Johann Peter Nell, der als Kaiserlicher Feld- und Hauptpostmeister in Prag mit der Materie vertraut war und bedeutende Postroutenkarten geschaffen hat, die 1709 zunächst in Brüssel und in verbesserter Ausführung später bei Homann in Nürnberg erschienen sind. Die überarbeitete Karte von 1714 zählt zu den ältesten Post-Straßenkarten deutscher Herkunft, aus der man schon wesentliche Einzelheiten über die Straßenbenutzung durch verschiedene Postbeförderungsarten und die Entfernungen entnehmen kann.
In dem Artikel sind 2 weitere Karten enthalten:
Landkarte des Kurfürstentums Brandenburg um 1730
Postkarte von Pommern 1776
Beide Karten sind auch mit Lupe unleserlich, so dass auf eine Wiedergabe verzichtet wird.
2. Stargard in frühen Reiseführern
Der am weitesten verbreitete Reiseführer des 18. Jahrhunderts geht auf ein 1674 in Hamburg erschienenes Handbuch zurück, in dem "Zehen Haupt-Reisen aus der Stadt Hamburg" beschrieben wurden. 1703 erhielt dieses Werk eine von Peter Ambrosius Lehmann herausgegebene Neuausgabe. Angezeigt werden stets die Entfernungen zwischen den aufeinander folgenden wichtigsten Städten und Ortschaften, über die Wissenswertes Kurioses ebenso wie Nützliches, z.B. was man zu sehen hat und wo man logiert - zusammengetragen ist. In der Hauptsache wird der Leser auf Entfernungen und Kosten eingestimmt. Die Erwähnung Stargards als "feine Stadt" ist durchaus bemerkenswert.
Nach Lehmanns Tod ging die Herausgeberschaft an Gottlob Friedrich Krebel und später auf weitere Redakteure über. Auch wechselten die Drucker. Bis zum Jahre 1801 erreichte der Reiseführer insgesamt 17 autorisierte Neuauflagen, büßte aber trotz regelmäßiger Aktualisierung dennoch im Laufe der Zeit sein hohes Maß an Verbindlichkeit ein. Auch ließ sich die postalische Landkarte mit zunehmendem Verkehr nicht mehr auf zehn Hauptstrecken beschränken. Das 1784 erstmals erschienene neue "Handbuch für Reisende aus allen Ständen" von Heinrich August Ottokar Reichard besiegelte um 1800 das Ende der "Vornehmsten Europäischen Reisen" und wurde selbst zum neuen Klassiker.
3. Stargard in der Kopfangabe eines Ediks vom 11. August 1771
über die Untreue derer Kutscher, Postillions und Vorspann-Knechte usw. - Auszug
4. Das erste Posthaus in Stargard
Das erste Posthaus befand sich seit der Einrichtung der Post 1654 in der in der Poststraße Nr.3 (frühere Bezeichnung: Kurze Marktstraße, Haus Nr. 682) und beherbergte zunächst nur das Postkontor und die Passagierstube. Die Postwagen und die Postpferde waren anfangs in der König- und Hindenburgstraße sowie in der Vorstadt (Gentenort) bei den Postillionen untergebracht. Ab Mitte des 18. Jahrhunderts befand sich die Posthalterei (Giese) im Hause Poststraße Nr. 4. (Hotel Prinz von Preußen). Die Posthausschilder waren damals aus Holz.
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