Heinz-Jürgen Torff
Ehrenvorsitzender des Stargarder Heimatkreises
aus seinem Buch "Erinnerungen an Stargard in Pommern"
siehe auch unter Literatur
Krampehltalwanderung
Anlässlich eines Stargard-Besuches 1994 hatten sich drei rüstige Stargarder Pensionäre vorgenommen, auf den Pfaden der Erinnerung ca. 50 Jahre später zu erforschen, ob es denn noch so sei wie etwa in den 40er Jahren. Dieses Vorhaben sollte beim Besuch Stargards im Sommer 1994 verwirklicht werden. Im ersten Moment planten wir sogar, unsere ganze Stargarder Reisegesellschaft, ca. 43 Personen, daran teilhaben zu lassen. Unser Bus sollte dann parallel etwa zum Krampehltal von Pansin über Wulkow, Zartzig und dann zurück nach Stargard die „Teilzeitwanderer" wieder aufnehmen.
Schloss Pansin - alte Aufnahme
Aber eine glücklicherweise gemachte Erkundungsfahrt drei Tage vorher ließ uns von dem Vorhaben Abstand nehmen in Sorge um die Unversehrtheit unserer Stargarder Mitfahrer, die ja noch einiges andere zu Fuß zu erkunden hatten. Diese erste Fahrt führte uns direkt in das Dorf Pansin. Unser Busfahrer Albert (siehe Pommernzeitung, Folge 31/94, Stargardseite) wurde von den polnischen Dorfkindern sehr intensiv unterhalten, bis die älteren Dorfbewohner Erbarmen hatten und mit den Kindern ein ernstes Wort sprachen - denn ein alter großer Champignon-Pilz gegen eine Cola aus dem Bus ging auf Dauer nicht gut. Was sollte Albert in der Hitze von über 30 Grad mit so vielen alten Pilzen ?
Auf der Brücke des Krampehls:
Rechts Prof. Dr. Schwichtenberg
links im Hintergrund H.-J.Torff
Wir - inzwischen vier (eine Königsbergerin wollte
auch dabei sein) - gingen, mit Spazierstöcken und
Fotoapparaten bewaffnet, zunächst bis zur Krampehlbrücke
und sahen dort, wo die Gestohlene Ihna in den Krampehl
mündete, unterhalb des Schlosses die Jugend des Dorfes
beim Badespaß, wie vor 50 Jahren zu unserer Zeit.
Ein Blick zum alten Schloss machte uns neugierig. Wir gingen
bis zur Schlosseinfahrt und bemerkten dort einige Personen
beim Heu ernten, d. h., sie bemerkten natürlich auch
unsere Neugier und luden uns per Handzeichen ein, doch
näher zu kommen und ins Schloss hineinzugehen. Ich
wusste nur noch von einem Brand in den dreißiger
Jahren und hatte eine bessere Ruine in Erinnerung. Was
wir dann gezeigt bekamen, war schon des Anschauens wert.
Das bekannte Gittertor war in schmiedeeiserner Handarbeit
komplett neu gemacht worden, im Schlosshof befand sich
Kopfsteinpflaster, gepflegt und sauber anzusehen. Die Vorhalle
und der Rittersaal waren eine Besichtigung wert. Nur mit
der Verständigung haperte es, zumal wir für unsere
Gruppe einen Besichtigungstermin ausmachen wollten. Wir
erhielten ein Zeichen, dass jemand unterwegs sei, der dolmetschen
würde. Zu unserer Überraschung erschien eine
sehr liebe Frau, die übersetzte. Es stellte sich heraus,
dass sie eine Deutsche war, durch die Kriegswirren hierher
verschlagen, einen Polen geheiratet hatte und nun im Dorf
die Poststelle leitete. Ich bereue es jetzt noch, nicht
wenigstens in der Pfarrkirche gewesen zu sein, wo der Stargarder
Architekt Deneke (1911 - Einweihung der Marienkirche zu
Stargard) 1906 das Innere der 1902 vom Blitz zerstörten
Kirche erneuerte, und so dem Ganzen wieder den einheitlichen
Eindruck eines Rohbaues aus dem 16. Jahrhundert gegeben
hatte. Aber wir wollten ja weiter zum Krampehl und feststellen,
ob Wander- und/oder Fahrradwege wie früher noch passierbar
waren. Vom Dorf Pansin aus war der Krampehl jedenfalls
nicht zu erwandern, also mussten wir zurück zum Bus.
Auf der sicheren Seite
Gebrüder Schwichtenberg
und Ursula Torff
Wir unternahmen dann einen zweiten Versuch, an das Krampehltal heranzukommen, und zwar begannen wir die Wanderung auf einem schmalen Feldweg vor dem Dorf Wulkow. Nach einigen hundert Metern Fußweg, vorbei an magerem Kornbestand, erreichten wir zunächst ein Dickicht, dann einen steil abfallenden Waldgürtel und nach mehr Rutschen als Wandern standen wir so ruhig wie in einem großen hohen Dom, die alten Baumkronen hatten das Dach über den Krampehl geschlossen. Als ich unseren Oberlotsen (Wanderführer), Landsmann Prof. Dr. Schwichtenberg, so mitten im etwa 8 - 10 m breiten Krampehl auf einem großen Findling mit seinem Stargarder Messtischblatt stehen sah, stellte ich mir alles ca. 50 Jahre früher vor, aber leider waren auch hier weder Weg noch Steg übrig geblieben. Was die Eiszeit hier den Menschen als Krampehltal übrig gelassen hatte, ist schon mehr als ein Geschenk der Natur. Ich glaube, wir vier waren richtig glücklich, als wir uns nun einen steilen Pfad nach oben suchten, und prompt stießen wir auf den alten Burgwall, dessen Bedeutung im Mittelalter zum Schutz der Bevölkerung nicht zu unterschätzen war. Bremsen und Mücken fielen über uns her, als ob sie etwas zu verteidigen hätten, als wir wieder aus dem Burgwall heraustraten. An diesem Tage hatten wir viel erlebt und gesehen, was wir zuvor nicht zu erhoffen gewagt hatten.
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