St. Joseph (katholische Kirche)
Joachim Stampa
aus "Stargard in Pommern und seine Gotteshäuser"
Wenn mich jemand zu Hause in Stargard nach der Josephs-Kirche gefragt hätte, würde ich wohl ein dummes Gesicht gemacht haben, denn daheim kannte niemand eine Kirche dieses Namens. Sie hieß allgemein „die katholische Kirche". Eine katholische Gemeinde schloss sich erstmalig 1783 in Stargard zusammen. Sie wurde zunächst von der Nachbargemeinde Stettin aus betreut und verwaltet. Wo damals die Gottesdienste stattgefunden haben, weiß ich nicht. Einmal im Vierteljahr kam ein Geistlicher herüber. Der Bedarf muß noch nicht sehr groß gewesen sein.
Anders wurde die Situation, als auf Grund des Dienstpflichtgesetzes von 1814 die allgemeine Wehrpflicht in Preußen eingeführt wurde. Nun rückte ein beachtlicher Prozentsatz katholischer Soldaten in die Stargarder Bürgerquartiere der Garnison ein. Sie waren dort zwar relativ gut untergebracht, aber es gab sehr rasch Unstimmigkeiten wegen der religiösen Versorgung, und es setzte Beschwerden. 1840 verfügte der König die Anstellung eines eigenen katholischen Geistlichen für Stargard, aber erst 1843 fand sich einer, der bereit war, die Stelle zu übernehmen. Das war der Kaplan Thomas. Er hat nur etwa fünf Jahre lang in Stargard amtiert, da raffte ihn am 17.10.1849 die Cholera hinweg. Im Jahre drauf, 1850, wurde die Kaplanei Stargard selbständige Pfarre für die Kreise Stargard (Saatzig) und Pyritz. Wenn ich mich nicht sehr irre, unterstand sie zunächst dem Bistum in Gnesen.
Unter den Stargarder eingesessenen Bürgern gab es nicht sehr viele Katholiken, und in den benachbarten Landkreisen ebenfalls nicht. Aber in der Zeit der Roggen- und Weizenernte kamen die polnischen Schnitterkolonnen auf die umliegenden Güter, wohin sie sich zum Einbringen der Kornernte verdungen hatten, und diese polnischen Schnitter und Schnitterinnen kamen dann nach der Stadt Stargard zum katholischen Gottesdienst in polnischer Sprache. An solchen Sonntagen konnte man allenthalben in der Stadt diese Polen und vor allem die Polinnen, kenntlich an ihren farbigen seidenen Kopftüchern, sehen. An diesen Tagen mit Spezial-Gottesdiensten gab es also auch in Stargard eine ganze Menge Polen. Aber von Montag bis Sonnabend wohnte auch nicht ein einziger in der Stadt.
Die katholischen Kirchenbehörden sorgten, als sich die kirchliche Situation in Stargard gefestigt und abgerundet hatte, bald auch für ein eigenes Gotteshaus. Als Baustelle wurde ein Platz ausersehen, der einst sicherlich zum Areal des Augustinerklosters gehört hatte: die Westseite des Peter-Groening-Platzes zwischen der Johannisstraße und dem Rosenberg, offiziell das Grundstück Johannisstraße 18.
Die Kirche stand von Norden nach Süden, also quer zur gewohnten Richtung, hatte den Chor im Süden und den Eingang im Norden, vom Rosenberg her. Sie war aus Rotstein aufgemauert und konnte am 9.November 1863 eingeweiht werden. Der Fries aus sieben Kreuzen an beiden Giebeln beiderseits der Türmchen war durchbrochen gemauert. In dem Türmchen über dem Eingangsportal hing auch eine Glocke. Auch diese wurde 1944 zum Einschmelzen abgeliefert und ist seitdem verschollen. Der Neubau kostete damals 11300 Taler, und für die Orgel, die zweimanualig war und zwölf Register hatte, wurden nochmals 1100 Taler aufgewendet. Die kleine Kirche war innen reich ausgemalt und besaß mehrere Nebenaltäre. Sie wurde 1945 eingeäschert und nach Übernahme Stargards durch Polen nicht wieder aufgebaut. Die polnische katholische Kirche beanspruchte jetzt wieder das Eigentum an den großen Kirchen. Auf diesem Platz steht jetzt ein sechsgeschossiger Wohnblock.
Der Gedenkstein wurde 2013 auf dem ehemaligen Standort der Kirche aufgestellt.
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