Paul Schulz
Der Kreis Saatzig und die kreisfreie Stadt Stargard
Seite 382-383

Königin Luisen Schule zu Stargard in Pommern

von Charlotte Liermann Schülerin der Anstalt von 1907-1918

Wir waren stolz auf unseren "Schulpalast". Eingebettet in die Stille des Goetheparks, dessen alte überwucherte Grabmäler ein Stück Stadtgeschichte darstellen, erhebt sich vor einer grünen Rasenfläche der helle freundliche Bau mit einem schwungvollen Barockgiebel über den geschickt gegliederten Fenstern der Aula und dem zierlichen Türmchen an der Grenze zum Seitenflügel.

Einweihung am 20. April 1911

Imposant ist das Treppenhaus mit seinen Säulen. Licht durchflutet sind nicht nur die 24 Klassenräume, sondern auch die großräumigen Flure nach der Hofseite hin, wo die Schülerinnen in den Pausen an Regentagen promenieren konnten. Großzügig waren auch die Waschräume und die Toiletten. Am Ende des großen Flügels gelegen und doch eigentlich der Mittelpunkt des herrlichen Baues war die feierlich anmutende Aula, in matt violettem Ton gehalten, mit einer weißen Orgel, den Loggien in der Höhe und dem Bild der Königin Luise in breitem Goldrahmen.

Koenigin Luisen Schule

Die 550 Personen fassende Aula war eine Festhalle, wie geschaffen für Feiern und Konzerte. In ihr wurden oft unter der Konzertsängerin Gertrud Lemke, dem Musikstudienrat Fritz Biederstedt und dem Berliner Pianisten Professor Gerhard Puchelt Konzerte abgehalten. Hier fanden auch die Feste vom Bund der Ehemaligen der Königin Luise Schule statt, deren Leitung nacheinander Helene Centuriet, Tochter des ersten Direktors der Schule, Waltraud Liermann, ebenfalls Mitglied des Kollegiums und nach 1945 Edith Huch, geb. Schlieben, innehatten. Von 1965 ab leitete den Bund Waltraut Liermanns jüngere Schwester Charlotte, die Verfasserin dieses Beitrags.


Koenigin Luisenschule

Vergessen dürfen wir nicht die Bibliotheksräume für Lehrer und für Schüler, die Gesangsklasse mit einem Bechsteinflügel, den Zeichensaal mit Modellraum. Einer der oberen Flügel war für den naturwissenschaftlichen Unterricht reserviert. Zum ersten Mal in Stargard gab es hier eine amphitheatralische Platzanordnung für Schüler in Chemie- und Physikklassen, so dass die Schülerinnen auf allen Plätzen die Versuche gut beobachten konnten. Diaskop, Bildwerfer und Filmapparate standen damals schon zur Verfügung. Im Ganzen besaß die Schule acht Räume für naturwissenschaftlichen Unterricht.

Auf dem Flur des naturkundlichen Flügels hatte Studienrat Kurt Weber seinen Zoo, in dem viele Tiergattungen vom Schwarzen Storch bis zum mexikanischen Höhlenmolch vertreten waren. Es gab allein zwei Einhundert Liter Aquarien. Als in einem Flügel des untersten Stockwerks die Mädchen-Mittelschule untergebracht war, durfte ich die Amphibien und Fische im obersten Stockwerk versorgen. Jede Woche erhielten wir ein Paket mit Miesmuscheln zu Fütterung der Hohltiere.

Im obersten Stockwerk war die so genannte Übungsschule untergebracht, die von der Seminarklasse des Oberlyzeums unter Leitung von Konrektor Schröder unterrichtet wurde. Dass die Schule eine große, moderne Turnhalle besaß, wo auch ein Klavier für rhythmische Übungen vorhanden war, versteht sich von selbst. Im unteren Geschoss war eine große Küche untergebracht, ferner die Hausmeisterwohnung. Auf dem Schulhof gab es Tennisplätze und eine Schulgartenanlage.

Mit diesem bis auf die kleinste Einzelheit gut durchdachten Bau haben sich Stadtbaurat Sonnabend und Direktor Dr. Bolling ein bleibendes Denkmal gesetzt.


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