Stargard in Pommern als Soldatenstadt

Dr.H. Siuts, Direktor des Stargarder Heimatmuseums

Dieser Artikel erschien 1943 im Stargarder Tageblatt (Stargarder Zeitung). Er ist auch im Stargarder Jahresblatt 2009 enthalten.

Stargard begeht am 24. Juni 1943 sein siebenhundertjähriges Bestehen als deutsche Stadt. Wie alle mittelalterlichen Städte war es befestigt. Davon zeugen noch heute die Reste der Bewehrung. Wenn wir vor den Mauern mit ihren Wiekhäusern, Türmen und Toren stehen, dann steigen Bilder von den Kämpfen um die Stadt vor unseren Augen auf, von Kämpfen, in denen die Bürger selbst ihr Gemeinwesen verteidigten. Auf dem Nachtigallensteig erkennen wir noch, wie man im 17. Jahrhundert zur Erreichung eines besseren Schutzes gegen Feuerwaffen den mittelalterlichen Wall zu einem Erdwerk erhöhte und durch Schanzen, wie das große Rondell, verstärkte. Im Dreißigjährigen Krieg (14.07.1630) bildete dies neben dem Johanniskirchturm und dem „Roten Meer" den Brennpunkt der Kämpfe zwischen Kaiserlichen und Schweden. Söldnertruppen, die keinerlei Beziehung zur Bürgerschaft hatten, verteidigten damals die Stadt. Nach dem Dreißigjährigen Krieg fiel Stargard an den Großen Kurfürsten, der sich ein stehendes Heer aus Söldnern geschaffen hatte. Da dieses auch im Frieden nicht entlassen wurde, so musste man es in Garnisonen legen. Auch Stargard beherbergte von nun an oft brandenburgische, später preußische und deutsche Truppenteile, meist Infanterie, gelegentlich auch Kavallerie.

Fürst Moritz von Anhalt-Dessau

Fürst Moritz von Anhalt-Dessau
Chef des Infanterie-Regiments Nr. 22

Als erste Truppe bezog 1676 eine in Kurfürstlichen brandenburgischem Dienst stehende Eskadron Polnischer Lanzenreiter (Ulanen) in Stargard Quartier, sie wurde aber schon in dem selben Jahr abgedankt. 1714 standen Teile der Leibkarabiniers in der Stadt. 1716 rückte in Stargard das 1713 in Stettin von dem 1. preußischen Gouverneur der pommerschen Hauptstadt, dem General von Borke, dem später in den Grafenstand erhobenen Generalfeldmarschall, aufgestellte Infanterie-Regiment Nr. 22 ein. Wie alle Regimenter hieß dieses nach seinen ehemaligen Chefs von Borke (1713), Fürst Moritz von Anhalt-Dessau (1741), Von Schenkendorff (1760), von Ploetz (1768), von Schlieben (1776), Von Klinkowström (1791). Von Pirch (1796). Fast 100 Jahre lang belebten die schmucken, hochgewachsenen Gestalten, die zum großen Teil aus pommerschen Kreisen stammten, in ihren blauen Röcken mit roten Aufschlägen und Klappen, in den weißen Kamisols (Westen) und den weißen Hosen und Leinwandgamaschen das Bild unserer Straßen. Sie exerzierten auf dem heutigen Blücherplatz und anderen freien Plätzen, z.B. bei der Heiligengeistkirche. Die Wache lag auf dem Markt neben dem spätgotischen Rathaus in der um 1780 erbauten „Alten Wache". Unten enthielt diese die Wachstube, oben das Geschäftszimmer des Regiments mit der Stube des Kommandeurs daneben. Aus der Kleinheit dieser Räume kann man ermessen, wie gering damals die Bedeutung des „Papierkrieges" war. Die Soldaten waren in Bürgerquartieren, meist in kleinen Stuben in Anbauten der Nebenflügel oder in Giebelstuben untergebracht. Da sie als Angeworbene sozusagen lebenslänglich dienten, konnten sie, nachdem ihnen alle Griffe und Bewegungen gründlich eingedrillt waren, oft ohne Schaden für den Dienst auf längere Zeit beurlaubt werden. Sie halfen dann den Bauern und, falls sie ein Handwerk gelernt hatten, den Handwerkern gegen Entgelt. So verwuchsen sie immer enger mit der Bürgerschaft. Die vielen Kriege dieser Zeit allerdings führten sie häufig in die Fremde. Wenn sie dann zurückkehrten, so wussten sie viel zu erzählen, von fremden Ländern, von Märschen und Siegen.

So konnte wohl ein Veteran der friederizianischen Zeit seinem Quartierwirt und dessen Familie berichten von der Schlacht bei Kesselsdorf (15.12.1745), wo das Regiment unter seinem Chef, Fürst Moritz von Anhalt­Dessau, dessen Vater, dem Alten Dessauer, auf dem Flügel half, den Sieg über die Sachsen zu vollenden; dabei mochte er auch hervorheben, wie das damals in Anklam und Demmin garnisonierte Infanterie-Regiment von Jeetz (Nr. 30), das später in naher Beziehung zu Stargard treten sollte, unter Führung des Generals von Lehwald die Entscheidung auf dem rechten Flügel durch die Erstürmung der großen sächsischen Batterie herbeigeführt habe. Derselbe Veteran konnte aber auch erzählen, wie sein Regiment im Siebenjährigen Kriege bei Prag, Kolin, Rossbach, Leuthen, Zorndorf, Hochkirch, Kunersdorf und Torgau neuen Lorbeer an seine Fahnen geheftet habe. Er und mit ihm die Stargarder konnten stolz sein auf den in Krieg und Frieden gleich bewährten Chef des Regiments, der 1760 seiner bei Hochkirch (1758) erlittenen schweren Verwundung erlag, hatte doch Friedrich der Große 1747 nach einer Revue in Stargard zu ihm gesagt:

„Ganz besonderes Vergnügen, dass das Regiment so gut im Stande. Wie ich denn selbiges an Mannschaft dergestalt schön finde, dass ich nicht umhin kann, Euer Liebden desfals vor alle darunter gehabte attention und Bemühung zu danken, deroselben auch zugleich mit aufzutragen, denen gesamten Kapitäns des Regiments Meiner gnädigen Erkenntlichkeit wegen des angewandten Fleißes, ihre Compagnien in so guten Stand zu bringen, zu versichern".

Besonderen Ruhm erwarb sich Fürst Moritz bei Leuthen, wo sein gnädiger König ihn zum Dank für „gewonnene Bataille" auf dem Schlachtfeld zu Feldmarschall beförderte. Auch dem weisen Friedenswerk Friedrichs des Großen - der Urbarmachung von Land und Ansiedlung von Kolonisten - war Moritz ein Vertrauensmann des Königs. In einem Brief vom 10.11.1747, bat er ihn auf einer Reise, die von ihm angeordnete Eindämmung und Urbarmachung des Oderbruchs bei Altdamm und Stettin in Augenschein zu nehmen

„um zu examinieren, wie dieses Werk beschaffen ist und welcher Gestalt die Eindammung des Stromes und das Rohden und Uhrbarmachen daselbst tractiret wird."

Der Fürst besaß jedoch nicht nur das Vertrauen seines Königs und seiner Soldaten, sondern genoss auch hohes Ansehen bei der Bürgerschaft, unter der er in einem stattlichen Hause in der heutigen Königstraße wohnte. Seinen Namen trägt noch heute das Dorf Moritzfelde an der Madüe.

Friedrich der Große

Friedrich der Große

Große Tage waren es für unsere Stadt, wenn der Alte Fritz, wie das nach dem Siebenjährigen Krieg fast alljährlich geschah, nach Stargard kam, um sich von dem Zustand der Truppen, die aus Pommern und Neumark zu den Revuen zusammengezogen wurden, zu überzeugen. Reges militärisches Treiben herrschte dann in der Stadt und ihrer Umgebung. Für den Bürger gab es da viel zu schauen. Der König wohnte abwechselnd in dem Gasthof „Zum Schwarzen Adler" und in „Naugards Krug" vor dem Pyritzer. Tor. In der Stadt waren alle Häuser mit Einquartierung belegt, zumal noch viele Fremde, sogar Ausländer, kamen, um den König, den Helden seines Jahrhunderts, zu sehen. Ja, an solchen Tagen war der Stargarder Bürger unbändig stolz darauf, ein Preuße zu sein, und auf sein Regiment, das die Ehre hatte, vom König besichtigt und gelobt zu werden.

Auf die große friederizianische Epoche folgte der Zusammenbruch Preußens und seines Heeres in den Unglücksjahren 1806/07. Auch das tapfere Fechten des Regiments von Pirch bei Auerstedt änderte nichts an der Niederlage. 1807 wurde es wie viele andere Regimenter aufgelöst. Im Frühjahr 1813 bildete Stargard, da Stettin noch von den Franzosen besetzt war, den Hauptsammelpunkt der Freiwilligen aus Mittelpommern.

Durch den Neuaufbau der preußischen Armee auf der Grundlage der allgemeinen Dienstpflicht wurde nach den Freiheitskriegen das Band zwischen Stargard und dem Militär noch enger, als es schon in der friederizianischen Zeit gewesen war. Unsere Stadt sah in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts mancherlei Truppenteile in buntem Wechsel in seinen Mauern. Es mag genügen, wenn wir sie aufzählen:

Von dauernder Bedeutung war von allen diesen Truppenteilen für Stargard nur der Stab 1./2. Stettiner Landwehr-Regiment, der 1815 nach Stargard kam; denn aus ihm entwickelte sich später das Bezirkskommando Stargard, das bis 1919 bestanden hat und in dem heutigen Wehrbezirkskommando wieder aufgelebt ist.

In Erinnerung an die Revuen Friedrichs des Großen fanden von 1821 an bei Stargard vielfach Königsmanöver, verbunden mit Paraden, statt. Wieder gab es dann Einquartierungen und Gäste, und die Bürger konnten beweisen, wie fest sie sich innerlich mit dem „zweifachen Tuch" verbunden fühlten. Auf einem Steindruck von 1834 ist ein Manöverlager der Infanterie des II. Korps festgehalten: er zeigt an dem Wittichower Wege vor dem Pyritzer Tor eine ausgedehnte Zeltstadt mit Backöfen und Marketenderbuden: dazwischen bewegen sich Offiziere, Soldaten und Zivilisten. Im Hintergrund werden die Türme von Stargard sichtbar.

Colbergsche Grenadiere

Während damals in der Stadt ein ewiges Kommen und Gehen der Truppenteile herrschte, hatte Stargard das Glück, von 1851-1914 wieder ein Regiment als Garnisontruppe zu besitzen: das Colbergsche Grenadier-Regiment (2. Pommersches) Nr. 9. Nur von 1860-64 wurde dieses durch das 49. lnfaterie-Regiment abgelöst. Chefs der „Neuner" waren von 1818-31 und 1866-91 zwei der berühmtesten deutschen Soldaten: die Generalfeldmarschälle Gneisenau und Moltke und seit dem Weltkrieg Generaloberst von Heeringen. Das 9. Regiment wurde 1808 aus der Besatzung Kolbergs, die unter Gneisenaus Kommando die Festung so heldenhaft und erfolgreich verteidigt hatte, gebildet, und zwar u. a. aus dem III. Musketier-Bataillon der Infanterie-Regimenter von Owstien (Nr. 7) und von Borcke (Nr. 30, früher von Jeetz). Es führte also die Tradition des Infanterie-Regiments fort, das 1745 bei Kesselsdorf in hartem Kampf 24 Geschütze, eine Fahne, vier Mörser, und ein paar Pauken erbeutet hatte. Friedrich der Große hatte ihm als besondere Auszeichnung ein Siegel verliehen, auf dem die eroberten Siegeszeichen unter dem preußischen Adler angebracht waren. Dieses Siegel durfte das Grenadier-Regiment Nr. 9 seit dem 2. Juni wieder gebrauchen. 1849 wurde ihm ein Helmband mit der Inschrift „Colberg 1807", 1908 der Gardeadler ohne Stern am Helm verliehen.

Alte Wache

Alte Wache 1780 von Dirschau

Das Regiment nahm an den Einigungskriegen 1866 und 1870/71 teil. Besonders bei Champigny (2.12.1870) und bei Pontarlier (1.2.1871) zeichnete es sich aus. 1914 vertauschte es die blaue Friedensuniform mit der feldgrauen und das weiße Lederzeug mit dem schwarzen. Es bewährte sich in zahllosen Einsätzen im Westen und im Osten, im Angriff und in der Verteidigung unter Oberst Leu, Oberst von Derschau, Major von Kleist, Oberst Freiherr von Eberstein und Major von Seelhorst. Ein schlichtes Denkmal im Blüchergarten, welches das Offizierskorps „seinen im Kriege 1870/71 für König und Vaterland gefallenen Kameraden" 1873 errichtet hat, und ein schönes Ehrenmal vor der Marienkirche für die im Weltkrieg gefallenen 170 Offiziere, 454 Unteroffiziere und 4660 Grenadiere halten die Erinnerung an die Blutopfer unseres Regiments für das Vaterland wach. 1914 wurde in Stargard das Reserve­Infanterie-Regiment Nr. 211 aufgestellt, das von hier in den Krieg rückte. Von ihm ruhen 3272 tapfere Soldaten in fremder Erde.

Grenadierkaserne

Grenadierkaserne Einweihung 1884

Seit 1884 hatten die Neuner in Rohziegelbau errichtete Kaserne an der Cunowerstraße (jetzt Moltkestraße), zu deren Einweihung am 7. Dezember 1884 auch der greise Chef des Regiments, Generalfeldmarschall Graf von Moltke, der ruhmvolle Schlachtenlenker der Einigungskriege, erschienen war. Diese Kasernen mit ihren weiten Höfen boten nun in Verbindung mit den nahe gelegenen Schießständen ausgezeichnete Ausbildungsmöglichkeiten für die Truppe.

Seelhorst Kaserne

Seelhorstkaserne, erbaut 1935/1936

Nach dem unglücklichen Ausgang des Weltkrieges erhielt Stargard bei Bildung der Reichswehr das 1./4. Infanterie-Regiment als Garnisonstruppe. Der 1. und 4. Kompanie wurde die Tradition der 9. Grenadiere übertragen. Aus dem Bataillon entwickelte sich nach der Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht das 25. Infanterie-Regiment. Für die neue Truppe wurde 1935/36 die schöne Seelhorstkaserne erbaut, so benannt nach dem letzten Weltkriegskommandeur der Neuner.

Zu der alten Soldatenstadt Stargard hat eine Reihe bedeutender Heerführer in enger Beziehung gestanden. Neben Moritz von Anhalt-Dessau und Moltke ist General von Bülow zu nennen, der spätere Sieger von Dennewitz, der von 1808 bis 1811 das Amt des Generalgouverneurs von Pommern von Stargard aus verwaltete. Er wohnte in dem der Landschaftsrätin von Wedel gehörigen Hause in der Pyritzerstraße 8 und verkehrte außer in Offizierskreisen auch gern bei Bürgern und Beamten. Dabei benutzte er jede Gelegenheit, seinem Hass gegen die Franzosen im allgemeinen und gegen Napoleon im besonderen in kräftigen Flüchen Ausdruck zu verleihen, und trug so zu seinem Teil dazu bei, Geister auf die kommende Befreiung auszurichten. Am 12. Februar 1810 erschien er z. B. bei der Gröningfeier im Gymnasium und hörte aufmerksam den Vorträgen zu. Am Schluss der Reden unterstrich er das Gesagte, indem er laut rief:

„Nein, noch ist Preußen nicht verloren!"

Gern machte er auch mit Bürgern ein „Spielchen" in der Tabagie, die, seit 1809 in dem Blockhausturm, heute einen Teil des „Hauses der Jugend" bildet. Von da aus schweiften seine Blicke auch über den heutigen Blücherplatz, auf dem damals die Soldaten übten. So war Blücher eine stadtbekannte Persönlichkeit und wenn er im ganzen deutschen Volke seit seinen Siegen in den Freiheitskriegen volkstümlich wurde, hier war er es schon vorher, weil er mit den Stargardern wie mit seinesgleichen verkehrte und Freud und Leid mit ihnen teilte.

Noch eines anderen Feldmarschalls Name ist mit Stargard fest verbunden. Anfang 1821 suchte sich ein junger Offizier des Füsilier-Bataillons des 14. Infanterie-Regiments in einem bescheidenen Häuschen in der Schuhstraße (Nr. 1) eine Wohnung; es war der Secounde-Lieutenant Albrecht von Roon, der bis 1824 hier eine angenehme Zeit verlebte. Denn der Verkehr mit den Gutsbesitzerfamilien der Nachbarschaft, insbesondere mit seinen Blankenburgischen Verwandten in Zimmerhausen, bot ihm manche Abwechslung und Anregung, und die von der Hast großstädtischen Lebens unberührte Garnisonsstadt gab ihm die Möglichkeit zur wissenschaftlichen Fortbildung, die er fleißig betrieb. So hat er hier schon begonnen, sich geistig vorzubereiten auf die großen Aufgaben, die er später als preußischer Kriegsminister zu lösen hatte. Er hat in dieser Stellung das preußische Heer reorganisiert und damit das Schwert geschmiedet, das Moltke in den Einigungskriegen geführt hatte.

Die Einwohnerschaft Stargards ist immer stolz auf ihre Soldaten gewesen, und diese wiederum haben stets Anschluss an sie gesucht und gefunden. Der Geist dieser Stadt, die im Verlauf ihrer Geschichte so oft um ihr Bestehen hatte kämpfen müssen, deren Bürgerschaft dabei so oft den Willen, sich tapfer zu wehren, gezeigt hatte, dieser Geist passt gut zu dem, der bei dem Regiment gepflegt wurde. So bildeten sich immer wieder enge Beziehungen heraus. Es ist klar, das der pommersche Grenadier, wenn die ersten Wochen der Rekrutenzeit vorbei waren, sich unter der holden Weiblichkeit seiner Garnison nach einem „Wurst- und Schinkenverhältnis" umsah und es auch fand. Man kam in den Tanzsälen zusammen, und die schönen Anlagen boten Gelegenheit zu romantischen Mondscheinspaziergängen. Gar oft sind hier Bindungen für das ganze Leben geknüpft worden. Auch mancher junge Offizier fand in Stargarder Bürgerhäusern Ersatz für das Elternhaus. In Kriegszeiten sparte der Bürger nicht an Liebesgaben für sein Regiment, und in den Notzeiten der Stadt ließ wiederum die Truppe es nicht an Hilfe fehlen. Wie oft hat das Militär bei Bränden geholfen zu löschen! Sehr eindrucksvoll war es 1809, als Blücher bei solchen Fällen selbst erschien und die Leitung der Arbeiten übernahm. Als im März 1888 eine große Überschwemmung die Stadt heimsuchte, setzten die Grenadiere unter Führung der Leutnante  von Loeper, von Wedel und Spalding ihr Leben ein. Um die Fluten durch Graben von Kanälen abzuleiten  und um Menschenleben zu retten. Als dabei zwei mutige Grenadiere in Lebensgefahr gerieten, rettete  sie unter Einsatz seines Lebens der Kaufmann Friedrich Bumcke. Solche Erlebnisse trugen natürlich dazu bei, das Band zwischen Regiment und Stadt immer enger zu knüpfen. Wir wollen auch nicht vergessen, was das Regiment für das Musikleben der Stadt bedeutete. Seine Musikmeister und Musiker haben immer wieder ihre Kunst auch den Bürgern dargeboten und damit viel Freude bereitet. Unter den alten Musikfreunden Stargards ist noch heute der Name des Regiments-Musikmeisters Kohlmann hochangesehen.

Beinahe selbstverständlich ist es, dass aus einer Stadt, die sich seit dem Mittelalter ein wehrhaftes Gepräge bewahrt hat und die von den Tagen des großen Kurfürsten an immer Garnisonstadt gewesen ist, manch tüchtiger Soldat hervorgegangen ist, ebenso aus der nächsten Umgebung, die in enger wirtschaftlicher und kultureller Verbindung mit der Stadt lebt. Schon aus der Zeit des Großen Königs meldet uns die Geschichte von dem Sohn eines Stargarder Tuchmachers und Gastwirts, der 1705 Grenadier wurde, sich dann auf den Schlachtfeldern Frankreichs und Pommerns so auszeichnete, dass er unter Friedrich Wilhelm I., dem Soldatenkönig, Offizier wurde: Emanuel von Schöning hieß er. Friedrich der Große verlieh ihm den Pour le merite. Nach der Schlacht von Kesselsdorf, in der er ein Grenadierbataillon kommandierte, wies seine Uniform nicht weniger als 14 Kugellöcher auf. In den Siebenjährigen Krieg zog er als Generalmajor und wurde bei Prag (1757) tödlich verwundet.

Für die Gegenwart mag es genügen, darauf hinzuweisen, dass aus Stargard selbst vier Ritterkreuzträger: Hauptmann Peitzmeyer, Hauptmann Bursche, Hauptmann Kaldrack (Eichenlaub), Hauptmann Möws und aus der nächsten Umgebung Major Langenstraß stammen, während aus dem Stargarder Regiment nicht weniger als neun: Oberstleutnant Freiherr von Hardenberg, Unteroffizier Brinkforth, Oberfeldwebel Herzer, Major Leuschner, Generalleutnant Wegener (Eichenlaub), General der Infanterie Mattenklott, Oberst Beyer, Oberstleutnant Gehrke und Generalleutnant Hühner hervorgegangen sind.

So zeigt auch das gewaltige Völkerringen unserer Zeit, dass Stargard ebenso wie in der Vergangenheit eine echte Soldatenstadt ist. Man darf wohl sagen, dass auch heute noch von ihr das Wort einer Chronik des 16. Jahrhunderts gilt:

„Das namenhaftigste, so von ihnen mag anzuzeigen sein, ist das, dass sie die allergerustetsten und streitparesten seind, die unter allen pommerschen Stedten seind, und geben in dem noch (weder) den Sundischen noch den Gripswaldischen etwas nach."

Zusammenfassung

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