Stargarder Familie Reinfeldt

Carmen-Maria Göde geb. Reinfeldt
Johann-Heuck-Str. 14a, 24111 Kiel
Tel.: 0431 69 137 19hcgoede@gmx.de

Liebe Stargarderinnen und Stargarder,

Reinfeldt Bergstraße 64

nach einem wunderschönen Erlebnis in Stargard im August 2014, möchte ich nun einmal von meinen Großeltern, meinen Eltern und meinem Bruder berichten, die alle in Stargard geboren sind, dort gearbeitet und bis 1945 dort gelebt haben. Meine Großeltern mütterlicherseits, Wilhelm Vauck, Bauunternehmer, und seine Ehefrau Hedwig geb. Flunker, wohnten in der Bergstraße 64. Dort wurde auch meine Mutter Ella Vauck 1910 als einziges Kind geboren und lebte dort bis zu ihrer Eheschließung im September 1933. Sie lernte den Beruf der Schuhverkäuferin bei der Firma Lemke in der Holzmarktstr. 9a,  wo sie bis 1931 tätig war. Die Firma hatte den Inhaber Herrn Bär und wurde 1931 geschlossen.

Meine Großeltern väterlicherseits, Christian Friedrich Reinfeldt, Arbeiter bei der Bahn, und seine Ehefrau Anna geb. Thiede, wohnten in der Delsastr. 4, wo auch mein Vater Ewald Reinfeldt, geb. 1909, aufwuchs. Vier Kinder waren in der Familie: Elisabeth, Willi, Otto und mein Vater Ewald. Mein Vater begann bei der Firma Schapow eine Lehre als Tischler, die er auf Grund des Todes seines Meisters bei der Firma Mylius in der Breiten Str. 15 fortsetzte, dort auch beendete und bis zur Einberufung in den Krieg hier als Tischler arbeitete. Ebenso war er in Stargard seit 1927 bei der Freiwilligen Feuerwehr unter dem Wehrführer Richard tätig.

Reinfeldt2 Friedrich

Meine Eltern erwarben 1931 von der Gesellschaft für Holzkonservierung, Herr Wächtler, ein Grundstück im Beethovenweg 39 und bauten 1933 dort ihr Haus. Dieses bezogen sie am Tag ihrer Hochzeit, dem 02.09.1933, zusammen mit meinen Großeltern mütterlicherseits. Hier wurde im Dezember 1934 mein Bruder Klaus-Dietrich Reinfeldt geboren. Er besuchte die Königin-Luise-Schule und hatte in der dritten Klasse den Lehrer Herrn Buchholz.

Reinfeldt3 Beethovenweg 39

Reinfeldt4 Hochzeit Ella und Ewald

Mein Vater wurde 1940 als Soldat eingezogen und kam nach Norwegen. Meine Oma Hedwig, meine Mutter Ella und mein Bruder Klaus-Dietrich mussten 1945 flüchten. Dieses geschah über Swinemünde, wo am 12. März 1945 der große Bombenangriff erfolgte, dem meine Oma und mein Bruder auf grausame Art und Weise zum Opfer fielen.

Reinfeldt5 EllaReinfeldt Ella

Meine Mutter musste schweren Herzens weiter und kam nach Glödenhof, bis sie dann 1946 von meinem Vater, der aus Norwegen zurück war, nach Kiel (Schlewig-Holstein) geholt wurde. Ebenso holte er seinen Vater Christian Friedrich Reinfeldt zu uns nach Kiel. Hier wurde ich dann 1948 geboren und man begann gemeinsam nach und nach mit dem Neuaufbau. Mein Großvater lebte zusammen mit uns, war mein „Kindermädchen" und erzählte mir viel über seine Jugend in Dahlow Kreis Saatzig, wo er 1876 geboren wurde. Diese Geschichten hörte ich gerne, waren sie doch das Einzige, was mir aus der Vergangenheit blieb. Mein Opa starb 1967, drei Wochen vor seinem 91. Geburtstag. Meine Eltern kauften 1959 in Kiel ein Haus, in das man einzog, und meine Mutter konnte in ihrem neuen Zuhause bis zu ihrem Tod 1988 (sie war 78 Jahre alt) recht glücklich leben, aber die Gedanken an das Zuhause in Stargard blieben bis zuletzt bestehen. Mein Vater verstarb im Juli 2009, sechs Wochen vor seinem 100. Geburtstag.

Reinfeldt7 EwaldReinfeldt Klaus Dietrich

Nun hatte ich den großen Wunsch, die Heimat meiner Vorfahren und meines Bruders, den ich leider nicht kennenlernen durfte, Stargard zu sehen und die Wege auch einmal zu gehen, die alle meine Lieben vorher beschritten hatten. Dieses ermöglichten mir und meinem Mann Herr Grünbauer von der deutschen Minderheit und seine Ehefrau Danuta auf eine wunderbare und komplette Art und Weise. Uns wurden so viele Dinge gezeigt, die mir alle aus unzähligen Erzählungen meiner Eltern bekannt waren, in meiner Erinnerung wieder hochstiegen und ich konnte mir nun ein Bild von alledem machen:

 

Reinfeldt9 Ella und Sohn

Reinfeldt11 Ewald 98

Ich stand vor der Schule (Königin-Luise-Schule), die mein Bruder besuchte, sah den Schulhof, auf dem er gespielt hatte, sah den Ort, wo er seine erste „Zigarre" rauchte und von seinem Lehrer erwischt wurde, ging in die Wohnung und stand in dem Zimmer, in dem meine Mutter 1910 das Licht der Welt erblickte, sah den Hinterhof, auf dem sie mit ihrer Freundin Erna Christkauz, die im gleichen Haus geboren war, spielte, wo ihre Mütter unter dem Wallnussbaum Handarbeiten machten. Ich stand vor dem Haus, in dem mein Vater groß geworden ist und meine Großeltern viele Jahre gewohnt haben. Ich ging den Nachtigallensteig, auf dem meine Eltern ihre Spaziergänge gemacht hatten und mir von dem „Liebeswäldchen, Bummelweg" erzählten.

Reinfeldt10 Goldene Hochzeit

Reinfeldt Carmen-Maria Gode

 

Wir waren stark beeindruckt und haben alles in Augenschein nehmen und ich konnte auf den Spuren meiner Ahnen wandeln, meinen Gedanken nachgehen und mir vorstellen, wie das glückliche Leben dort einmal begonnen haben musste, bevor es ein jähes Ende nahm.

Sollte sich jemand an meine Großeltern, meine Eltern oder gar an meinen Bruder erinnern, würde ich mich riesig über einen Anruf freuen.

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