Bericht über die Tätigkeiten und Veranstaltungen
der Deutschen Minderheit im IV. Quartal 2019

Ortsgruppe Stargard

Stargard, den 1.10.2019

Liebe Freunde der deutschen Minderheit in Stargard!

Sicher sind Sie gespannt, was wir im 4.Quartal 2019 in Stargard unternommen haben. Nach der Sommerpause konnten wir unsere Arbeit im vollen Umfang aufnehmen und unseren Mitgliedern verschiedene Möglichkeiten bieten, gemeinsam die Zeit zu verbringen. Das Kartoffelfest oder der Volkstrauertag gehören schon seit Jahren zu unserem Veranstaltungsprogramm. Dabei spielt nicht die Veranstaltung allein eine große Rolle, sondern auch die Vorbereitungen dafür, bei denen sich alle gern engagieren. Das noch zu erwähnende Weihnachtsfest dauert in der Regel etwa 4 Stunden, aber wieviel Mühe und Zeit es kostet, alles zu planen und vorzubereiten, das wissen nur wir. Eine wochenlange  Arbeit beim Basteln der Geschenke, dem Wiederlernen der Weihnachtslieder und der Koordinierung aller Termine, ohne die nichts geklappt hätte, wollen nur am Rand erwähnt sein.

Aber ich denke, wir sollen jetzt versuchen zu erzählen, was wir im Oktober und in den darauffolgenden Monaten unternommen haben.


Oktober 2019

Am 04.Oktober organisierten wir unser traditionelles „Kartoffelfest“, das mit entsprechenden Dekorationen an den am Vortag gefeierten „Tag der Deutschen Einheit“ erinnerte. Auch wenn das allgemein bekannte Tatsachen sind, ist es sicher nicht verkehrt, einmal im Jahr die Verdienste des Friedrich II. in Erinnerung zu bringen, der als verantwortungsvoller König den damals katastrophalen Hungernöten ein Ende setzte. Pommern und Kartoffeln gehören seitdem unzertrennbar zusammen, wobei das Gebiet um Belgard und Köslin mit seinem kartoffelfreundlichen Boden bis heute eine führende Rolle hat und sogar den einzigartigen Begriff „Kartoffelbaron“ hervorgebracht hat.

Kartoffelfest

Somit  spielten die Kartoffeln auf unserem festlich gedeckten Tisch die Hauptrolle, wobei zu erwähnen ist, dass es sich um echte pommersche Kartoffeln aus dem nahegelegenen Hansfelde handelte. Sie wurden mit kleinen deutschen Fahnen dekoriert, wodurch ein Bezug zu Deutschland und dem 03.Oktober hergestellt wurde. Das war insofern wichtig, als ausgerechnet vor 30 Jahren im November 1989 die berüchtigte Berliner Mauer gefallen war, was den direkten Weg zur Deutschen Einheit ebnete. Bei verschiedenen Kartoffelspeisen diskutierten unsere Mitglieder deshalb nicht nur über Kochrezepte sondern auch über ihre persönlichen Erfahrungen mit der politischen Wende 1989 und ihren Folgen für sie und ihre Familien. Und nicht zu vergessen: Ohne den Mauerfall wäre die Gründung der deutschen Minderheit in Polen auf keinen Fall möglich gewesen!


November 2019

Am 16.November fuhren wir nach Glien, um an der Gedenkstunde zum Volkstrauertag teilzunehmen. Unsere Abordnung mit 8 Personen bildete wie immer die größte Gruppe der deutschen Minderheit aus Hinterpommern (anwesend waren auch Kollegen von den deutschen Minderheiten aus Köslin, Stolp und Schivelbein). Im Namen unserer Ortsgruppe legte der Vorstand einen Kranz in pommerschen Farben am Hochkreuz nieder und zündete später ein mitgebrachtes Grablicht an. Nach dem offiziellen Teil, den zum großen Teil „unser“ Pastor Riedel mitgestaltet hatte, hatten wir noch die Möglichkeit, mit Freunden und Bekannten kurz ins Gespräch zu kommen. Es war schon ganz herbstlich an dem Tag, also nahmen wir warme Suppe und Kaffee, die Kameraden von der Bundeswehr vorausschauend zur Verfügung gestellt hatten, gern ein. Vielen Dank!

Volkstrauertag in Glien  


Am darauffolgenden Sonntag, den 17.November trafen wir uns an der Deutschen Gedenkstätte auf dem Kommunalfriedhof in Stargard, um am Volkstrauertag der Stargarder Toten zu gedenken. Nach dem Vaterunser legten wir die Blumen nieder und stellten ein Grablicht vor der Gedenktafel auf.

Volkstrauertag in Stargard


Am 19.November wurde ein neuer Film „Es war einmal Pommern“ von Michael Majerski im ehemaligen Offizierskasino in der Stettiner Straße (heute wird das Gebäude als Kulturhaus der Eisenbahner genutzt) vorgeführt. Der Eintritt war frei und viele Stargarder nutzten die Möglichkeit, sich der pommerschen Geschichte zu stellen. Auch unsere Kollegen von der deutschen Minderheit bildeten einen nicht unerheblichen Teil des Publikums. Nach der Vorführung fand noch eine Diskussion mit dem Filmmacher statt, der fachgerecht die Fragen zu beantworten wusste. Der Film ist als Versuch, sich aus der deutschen und polnischen Perspektive mit dem Thema Pommern auseinanderzusetzen, anzusehen. Dabei ist er zweisprachig: Die Erzählungen der interviewten Personen werden jeweils mit den Untertiteln in der anderen Sprache versehen, so dass er zugleich von Deutschen und Polen gesehen und verstanden werden kann. Wenn Sie also einmal die Möglichkeit haben sollten, „Es war einmal Pommern“ zu sehen, dann würden wir Ihnen den Film empfehlen.   

Filmvorführung 


Dezember 2019

Den Schwerpunkt unserer Arbeit im Dezember bildete das eingangs erwähnte Weihnachtsfest am 13.Dezember im angemieteten Restaurantsaal im vertrauten Hotel “Speicher“. Nach einer monatelangen Vorbereitungszeit feierten wir unser bereits siebtes (seit 2013) Weihnachtsfest in dem den meisten von Ihnen bekannten  Hotel „Speicher“ – sicherlich ein Zeichen der seit Jahren guten Zusammenarbeit. Deshalb gilt unser besonderer Dank Herrn Kosikowski, ohne dessen Unterstützung unsere Feier in diesem Rahmen kaum durchzuführen gewesen wäre. Auf Herrn Kosikowski ist wie immer Verlass!

An unserer Feier nahmen insgesamt 48 Personen teil, davon 19 Personen aus Deutschland. Aus Platzgründen können wir an dieser Stelle nicht alle Gäste nennen, also nur eine kurze Auswahl: Heimatfreunde vom HKA Stargard mit Herrn Jürgen Willbarth, Herr Horst Born von der PLM und zugleich dem HKA Saatzig, Herr Erwin Krüger vom HKA Dramburg, Familie Ueckert aus Hamburg, unsere Freunde aus Penkun mit dem Pastor Riedel an der Spitze, der sozusagen von Amts wegen die Gestaltung des geistlichen Teils übernahm, und viele, viele andere. Die rege Teilnahme unserer Freunde aus Deutschland ist umso bemerkenswerter, als sie oft große Entfernungen (von über 500 Kilometer) zurücklegen mussten. Danke für Euer Kommen! 

Weihnachtsfest Stargard

Als pünktlich um 16.30 Uhr das elektrische Licht erlosch und nur der Schein der brennenden Kerzen auf dem feierlich geschmückten Tisch  den dunklen Raum erhellte, ertönte das Geläut der großen Glocke von der Marienkirche in Stargard. Diese Glocke konnte vor dem Einschmelzen noch gerettet werden und tut bis heute gute Dienste in einer evangelischen Gemeinde in Deutschland, wo auch die vorgeführte Aufnahme entstanden war. Tief gerührt von diesem Augenblick ergriff der Vorsitzende Piotr Nycz das Wort und begrüßte auf Deutsch und Polnisch alle Gäste. Weitere Moderation übernahm dann Herr Grünbauer, der auch für die musikalische Umrahmung sorgte.

Nach dem Absingen des „Pommernlied“, gedachten die Gäste mit einer Schweigeminute  der verstorbenen Stargarder, die im letzten Jahr von uns gegangen sind. Pastor Riedel ergriff dann das Wort und betonte die Bedeutung christlicher Werte in der Weihnachtszeit. Der gemeinsame „Vater unser“ in beiden Sprachen beendete den geistlichen Teil der Veranstaltung.

Kaum war das von den Teilnehmern gesungene Weihnachtslied „O du fröhliche“ ausgeklungen, hörten wir eine laute Stimme im Nachbarraum und ein rot verkleideter Mann  mit langem weißem Bart trat in Erscheinung. Der „minderheitseigene“ Weihnachtsmann (in dieser Rolle wie immer Herr Alfons Tusk) hatte für jeden etwas in seinem Sack, und alle – sowohl Kinder als auch Erwachsene hatten viel Spaß bei der Bescherung. Auch unsere Gäste aus Deutschland wollten nicht tatenlos zusehen und überraschten uns dabei mit kleinen, selbstgemachten Weihnachtsgeschenken.

Weihnachtsfest in Stargard

Nach dem gemeinsamen Singen des Weihnachtsliedes „Stille Nacht, heilige Nacht“ konnten alle Teilnehmer verschiedene Weihnachtsgerichte probieren und sich gegenseitig zum nahenden Neuen Jahr beglückwünschen.  Bei anschließendem Kaffee und Kuchen gab es die Gelegenheit dazu, Gedanken über verschiedene Themen (Kultur, Weihnachtsbräuche, Leben der deutschen Minderheit in Polen usw.) auszutauschen und Pläne für das kommende Jahr zu besprechen.

Unsere Weihnachtsfeier ging offiziell gegen 21.00 Uhr zu Ende. Nachdem die Gäste nach Hause gegangen waren, erfolgte das weniger Offizielle, aber umso Notwendigere: Unsere fleißigen Frauen machten sich noch schnell an die Arbeit, wuschen das ganze Geschirr und brachten den Raum in Ordnung. An dieser Stelle möchten wir unser Dank allen Mitgliedern aussprechen, die zum reibungslosen Ablauf der Veranstaltung beigetragen haben, vor allem aber unserer Schatzmeisterin Frau Halina Sobczak sowie Frau Danuta Grünbauer und Frau Elzbieta Busch-Köppke, die alles organisiert und die ganze Zeit fest im Griff hatten. Auch vielen Dank an Herrn Erhard Grünbauer, der schöne deutsche Weihnachtslieder zusammengestellt hatte und ein kleines kulturell-musikalisches Programm anbot. Das Weihnachtsfest 2019 bleibt in unserer Erinnerung als eine wohlgelungene Veranstaltung, die das Gefühl der Zusammengehörigkeit in unserer Ortsgruppe stärken und die Kontakte zu unseren Freunden in Deutschland pflegen und enger knüpfen half.

Erwähnenswert ist die Teilnahme einer Abordnung der deutschen Minderheit aus Dramburg an unserer Weihnachtsfeier. Es war uns gelungen, im Jahr 2019 unsere Kontakte aufrechtzuerhalten und uns mehrmals zu treffen – mal in Stargard, mal in Dramburg. Die Entfernung nach Dramburg ist ja nicht so groß und wir hoffen auf die erfolgreiche Fortsetzung unserer Zusammenarbeit im neuen Jahr 2020. Erste Voraussetzungen dafür sind bereits geschaffen, weil drei Kollegen aus Dramburg unserer Ortsgruppe beigetreten sind. Wir freuen uns sehr, dass es ihnen bei uns gefällt und dass sie trotz der Entfernung bereit sind, sich bei uns aktiv zu engagieren.


Um diese Entwicklung zu besiegeln, fuhr gleich am 15.Dezember die vierköpfige Abordnung unserer Ortsgruppe zum Gegenbesuch nach Dramburg. Damit folgten wir der Einladung zum Weihnachtsfest der dortigen deutschen Minderheit und unterstützen die Kollegen beim Singen der Weihnachtslieder. Seit 2014 ist eine Art Tradition geworden, dass wir im Dezember die Ortsgruppe in Dramburg besuchen – es war unser sechstes gemeinsames Weihnachtsfest und bestimmt nicht das letzte. Die Veranstaltung in Dramburg war sehr gut gelungen, auch wenn die Teilnehmerzahl erheblich niedriger war als in Stargard. Das mag wohl daran gelegen haben, dass die meisten Mitglieder der dortigen Ortsgruppe nicht in Dramburg selbst, sondern verstreut in den umliegenden Dörfern wohnen und die Anfahrt mit dem Bus am Sonntag für sie schwierig gewesen wäre.

Weihnachtsfest in Dramburg


Mit beiden Weihnachtsfeiern ging das Geschäftsjahr 2019 zu Ende.  Beim nächsten Treffen Anfang Januar 2020 werden wir unsere Kollegen über das Weihnachtsfest in Dramburg informieren, und im Gegenzug von ihnen erfahren können, wo und wie sie mit ihren Familien Weihnachten gefeiert und das neue Jahr begrüßt haben  (nebenbei bemerkt: Der Verfasser dieser Zeilen beabsichtigt den Jahreswechsel in Spandau zu feiern).

Zum Schluss noch ein kurzer Rückblick auf das alte Jahr.

2019 war für uns wieder ein erfolgreiches Jahr. Wir konnten unsere Arbeit fortsetzen und dem Mitgliederschwund, der sich in anderen Ortsgruppen immer bemerkbarer macht, entgegenwirken. Wir konnten sogar neue Mitglieder gewinnen, und unsere Ortsgruppe zählt zur Zeit insgesamt 32 Angehörige. Damit bleiben wir die zweitgrößte Ortsgruppe in der Region und mit Abstand die aktivste. Es war uns gelungen, alle geplanten Veranstaltungen durchzuführen und Kontakte zu unseren deutschen Freunden aufrechtzuerhalten. Trotz unaufhaltsam steigenden Durchschnittsalters unserer Mitglieder gelang es uns, noch mobil zu bleiben und mehrere Male zu verreisen (7 Mal): Anklam (sogar 2 Mal!), Jakobshagen, Schöningen, Glien oder neulich Dramburg sollen beispielsweise genannt werden.

Im Jahr 2019 fanden 20 verschiedene Veranstaltungen in unserer Ortsgruppe statt. Dabei bemühten wir uns als Vorstand, ein möglich abwechslungsreiches, dem Alter der Teilnehmer angemessenes Angebot zu unterbreiten: Gemeinsame Reisen, Veranstaltungen in der Begegnungsstätte, ein gemeinsames Singen oder das musterhaft organisierte Weihnachtsfest in Stargard fanden eine gute Aufnahme bei den Kollegen. Das alles war nur deshalb möglich, weil alle gemeinsam, jeder nach ihm eigenen Fähigkeiten und Kräften, gearbeitet haben. Die ausschließlich ehrenamtlich geleistete Arbeit unserer aktiven Kollegen ist ein gutes Zeichen für das neue Jahr 2020. Wir wollen ja, dass es weiterhin die Deutsche Minderheit in Stargard gibt.

Wir möchten uns bei unseren treuen Freunden aus Deutschland bedanken. Ohne Ihre Unterstützung, ohne Ihre guten Ratschläge  hätten wir nichts erreichen können. Hoffentlich konnten wir als ortskundige, zweisprachige Personen unseren Freunden behilflich sein, wenn sie in Stargard zu Besuch waren.

Unser besonderer Dank geht an dem unermüdlichen Webmaster aus Berlin, der unsere Berichte liest, korrigiert und ins Netz stellt. Dass Sie diese Zeile im Internet lesen konnten, ist allein ihm zu verdanken. Vielen Dank Dieter für Deine mühsame Arbeit am Computer. Da ich seit etwa einem Jahr die eigene Homepage der Minderheit betreue, weiß ich wovon ich rede. Eins sei noch hinzuzufügen: Nächste Berichte kommen ganz sicher!

Abschließend erneut ein  Hinweis auf unsere Homepage: Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben oder uns kontaktieren wollen, besuchen Sie unsere Internetseite, die wir seit Februar 2019 in eigener Regie betreiben. Dort finden Sie ausführliche Fotoberichte (hier klicken…), aktuelle Informationen und Termine (hier klicken…) und ein Gästebuch, in das Sie sich gern eintragen können.

Ihnen, liebe Freunde und treue Leser danken wir für das gezeigte Interesse an unserer Minderheit und wünschen Ihnen allen ein gesundes, glückliches neues Jahr 2020!

Bleiben Sie uns treu und bis zum nächsten Mal im Frühling! Dann erfahren Sie von uns, wie hart der Winter in Stargard war, und was wir in der dunklen Jahreszeit unternommen haben. Es steht schon einiges an…

Ihre Deutsche Minderheit in Stargard.


Piotr Nycz
pnw1965@gmail.com

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