Wir fahren nach Hause
Erinnerungen an eine Stargardreise im Jahre 2001 von Brigitte Hinz.
Im Dezember 2000 stand in der Pommernzeitung drin, wir fahren bald nach Stargard hin. Wer möchte melde sich dann in Schwerin, bei Herrn Serfass an. Ich wollte mit, mein Mann dazu, deshalb rief ich an im Nu. Der Reiseleiter merkte sich die Namen vor und hatte für alle Fragen ein Ohr. Den Reisevertrag schickte er dann an die genannte Adresse und mahnte, dass auch keiner den Ausweis oder Reisepass vergesse.
Am 23. April 2001 ging die Fahrt dann los. Bestimmt fragte sich jeder, wie wird sie bloß. Für uns aus Rostock und Ribnitz-Damgarten war Güstrow als Zusteigemöglichkeit vorgesehen.Als Erkennungszeichen sollte die Pommernfahne wehen.
Pünktlich kam der Bus auch an. Mit einem Hallo reichte uns Herr Serfass seine Hand. Der Busfahrer Sven das Gepäck gut verstaute und wir nahmen unseren Platz ein, es gab keine Flaute. Zügig ging die Fahrt nun fort, denn in Neubrandenburg warteten auch noch Leute vor Ort. Nun waren wir komplett in jedem Falle. Der Reiseleiter begrüßte uns alle. Dann erklang das Lied der Pommern in froher Runde. Das war angebracht zu dieser Stunde.
Immer näher kamen wir unserem Pommernland, mit dem uns stets ein stilles Sehnen verband. In Linken wurde die Grenze passiert. Es ging alles wie geschmiert. Der Zollbeamte schaute sich die Pässe an. Schnell wie der Blitz war seine Arbeit getan. Stettin war nun das nächste Ziel. An der Hakenterrasse es allen gefiel. Sehenswürdigkeiten die einstige Hauptstadt Pommerns zur Genüge aufweist, doch zum näheren Betrachten fehlte die Zeit. Die gute alte Oder grüßte uns, doch zu ihrem Schreck fuhren wir einfach über sie weg. Wir wollten ja nach Stargard hin.
Rund 30 km mussten wir noch fahren. Wie würde es sein nach all den Jahren? Gleich, gleich ist es so weit, dann sind wir da. Der Turm der Johanneskirche ist schon ganz nah. Wir grüßten die Heimat, die Heimat grüßte uns, ach, wie schön und wie schmerzlich ist die Erinnerung. Auf dem Marktplatz ist ein Zwischenstopp. Ja, die Marienkirche und das Rathaus sind noch tipp topp. An der Gedenktafel auf den neuen Friedhof wird ein Gebinde niedergelegt. Ganz sacht und mit einem gemeinsam gebeteten Vaterunser der Toten gedacht.
Nach kleiner Stadtrundfahrt ging's zum Quartier nun hin. Die „Kleine Mühle" war unser Ziel. Sie wurde umgebaut zu einem Idyll. Herr Serfass sorgte sich um die Unterbringung aller sehr, wir waren schließlich ein großes Heer. Die Schlüsselübergabe machte Pläsier. Jeder kriegte ein Quatier. Schöne Zimmer luden uns ein. Wir konnten fast alle zufrieden sein. Essen gab es im Speisesaal. Es war sehr üppig, für manche Figur fast eine Qual. Der Besitzer der Mühle überreichte dann kleine Andenken für die Frau und den Mann. Beruhigt gingen alle ins Bett Das Programm für den nächsten Tag stand ja schon fest.
Nach dem Frühstück ging der Rundgang durch Stargard los. Was würde uns alles erwarten bloß? Der Krampehl an der Mühle sagte uns, sucht nur sucht nach Erinnerung. Der Weidensteig empfing uns gern, auch unsere Ihna war nicht fern.
An der Arche sich das Wasser staute und der Marienturm herüberschaute. Bumkes Waschanstalt rief: „Guten Tag." Wir waren alle ganz hellwach. Hier grüßte die Ihnaschule, dort das Gymnasium. Das „Rote Meer" wunderte sich sehr, auch der Wasserturm staunte, wo kommen die Stargarder nur her? Das Pyritzer Tor war für jeden Gruß ganz Ohr. Auch das Johannistor beugte sich richtig vor. Die Heiliggeistkirche sagte. „Gebt acht, vieles ist anders als ihr gedacht." Auch das Innere der Johanniskirche ist nicht mehr wie einst. Auch die Fontäne des Springbrunnen ist verweist. Doch der Nachtigallensteig ist ruhig und schön, bis zum Mühlentor kann man da gehn. Das behäbige Tor schaut in die Runde. Ein Gruß für euch ist meine Kunde. Weiter geht es zum Volkspark hinein, hier muss die Rodelbahn doch sein. Die Bahn hatte einst so ihre Mucken, man musste bei dem großen Hopser richtig schlucken. Ach die Kinderzeit ist weit und doch so nah, nun stehen wir am Walltor da. Gleich daneben hatte „Mampe" sein Revier. Heute produziert man Eis nun hier. Richtung Markt es weiter geht. Der Stadtpräsident von Stargard bat um Gehör. Er wollte seine Gäste aus Elmshorn würdigen sehr.
Im Museumsgebäude er die Ansprache hielt, danach die Ausstellung über die Stadt uns allen gefiel. Die Ausstellung der Bilder im Pyritzer Tor kam einen vor, wie ein Komfort. Für uns war dann der Salzburger Weg das Ziel, hier es Manfred sehr gefiel. Sogar in die Toilette durfte er schaun. Die Besichtigung in der Nr. 6 war genau sein Traum. Eine Tasse Kaffee, der nun polnischen Bewohner des Hauses, munterte uns auf und fort ging unser Lauf. Einer verfolgte uns, wer mag das sein? Unser Gastgeber war es, er holte uns ein. Er trug uns die Tasche hinterher, die Ewald vergessen hatte im ganzen Hin und Her.
Am 2. Tag waren wir auf den Spuren Otto v. Bambergs unterwegs. Mit einer Kopie einer Pommernkarte mit deutschen und polnischen Ortsnamen versehen, konnten wir die Stationen des Missionars bestens verfolgen. Über Lenz, Naugard und Gülzow erreichten wir Cammin mit seinem berühmten Dom und der herrlichen Orgel. Weiter ging es nach Rewahl zur Kirchenruine Hoff. Dort gab es ein bewegendes Erlebnis. Schnell waren Blätter mit dem Text des Pommernliedes verteilt und voller Inbrunst ertönte der Gesang der Mitreisenden bei unserem Heimatlied. Weiter fuhren wir nach Treptow an der Rega. Dort war Picknick angesagt. Die Wiener, das Brot, die Gurken, alles schmeckte köstlich, wunderbar. Sven, unser Fahrer, brauchte Hilfskräfte um alle Hungrigen zufrieden zu stellen. Weiter ging es über Greifenberg, Plathe, Labes, Dramburg, Tempelburg (mit Aufenthalt) über Märkisch Friedland, Retz, Zachan nach Stargard. Pyritz mit dem Ottobrunnen musste ausgeklammert werden, da wir in Zeitnot geraten waren. Denn Pünktlichkeit ist eine Zier und wir wollten die Gastfreundschaft in der „Kleinen Mühle" nicht gefährden.
Zum Tagesabschluss hieß es: „Herrlich war die Fahrt durch unser Pommernland." Abends kam auch keine Langeweile auf. Neben inhaltsreichen Gesprächen zwischen Ost- und Westdeutschen (es war ja die erste gemeinsame Fahrt dieser Art) waren Begegnungen organisiert mit einem Vertreter der Kriegsgräberfürsorge, dem Museumsdirektor Herrn Preiss, der die Bilderausstellung von Herrn Willbarth, dem „Starfotografen" zu schätzen wusste und ein Treffen mit der deutschen Minderheit in Stargard, bei dem auch eine Lehrerin zugegen war, um als Dolmetscherin zu fungieren. Die Lehrerin (ihr Mann verdiente als Kraftfahrer mehr als sie als Lehrerin) staunte nicht schlecht, dass Ewald Hinz die polnische Nationalhymne konnte.
Auf dem Weg Richtung Grenze wurden noch der Madüsee (der immer bleibende Anziehungspunkt) und das Kloster Kolbatz aufgesucht. Ein Zwischenstopp auf dem Polenmarkt war noch angesagt, bevor dann die Haltestellen angefahren wurden. Viele stiegen aus, viele fuhren bis zum Endziel. Wir, die Rostocker und Umgebung, erreichten sicher die Stadt Güstrow. Alle Beteiligten an der ersten gesamtdeutschen Fahrt in unsere Heimatstadt Stargard hatten wunderbare Erlebnisse im Gepäck. Mein Cousin Manfred Drake und seine Frau Angelika gehörten zu den Fahrgästen. Wir werteten die Fahrt noch zur Genüge aus. Für Manfred war es die letzte Reise in die Heimat. Er starb 4 Wochen später mit 64 Jahren an Herzversagen. Unter den Klängen des Pommernliedes erfolgte die Beisetzung in Rostock.
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